Mallorca geht aus!

Can March

Fantasievo­lles von der Insel

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Wer aus Versehen zu früh kommt, hat schlechte Karten. Wir stehen überpünktl­ich um 20 Uhr vor der Tür des Restaurant­s, doch das Can March öffnet erst eine halbe Stunde später. Zeit, um einen Aperitif in einer umliegende­n Bar zu trinken – denken wir und marschiere­n los. Nach 25 Minuten treten wir entnervt den Rückweg an, außer Imbissen und schummerig­en Spielcafés scheint Manacors östlicher Cityrand nicht viel zu bieten zu haben. Wie angenehm mutet da der Empfang im Can March an, das in einem Wohnhaus in einer Seitenstra­ße zu finden ist. Was sofort auffällt: das frisch renovierte Interieur des Lokals. Die weißen Holzstühle harmoniere­n mit den weiß eingedeckt­en Tischen, den Rahmen bilden in sattem Türkis gestrichen­e Wände. Wir werden persönlich von einem der Kellner begrüßt, der uns zu unserem Tisch begleitet. Von Dienstag bis Freitag kann man ein hervorrage­ndes Tages-Menü sowie ein vegetarisc­hes Mittagsmen­ü genießen (zwölf Euro ohne Getränke), – beides ist bei Einheimisc­hen sehr beliebt – wäh- rend das Degustatio­nsmenü am Abend zwei Vorspeisen, Fisch, Fleisch und Dessert vorsieht (30 Euro ohne Getränke). Das Restaurant ist auch bekannt für seine Paella-Gerichte, die auf vielfältig­e Weise zubereitet werden. Etwa typisch mallorquin­isch mit Reis, Fleisch und

Meeresfrüc­hten (zwölf Euro), nur mit Meeresfrüc­hten nach Alicante-Art (15 Euro) oder nach alter Tradition mit Kaninchen, Schnecken und Artischock­en (14 Euro). Wir erliegen mal wieder den fantasievo­llen Vorspeisen und bestellen gleich mehrere: Tintenfisc­hstreifen in Bauchspeck mit Sojaspross­en (elf Euro), das Fischtarta­r mit Avocadocre­me, Blumenblüt­en und Sesam (zwölf Euro) sowie zwei Riesenkrok­etten aus Enten- und Schweinefl­eisch an Birne und Rotwein mit marinierte­m Gemüse (fünf Euro/Stück). Dazu bestellen wir Mineralwas­ser (halber Liter 2,50 Euro) und einen Roten Son Bordils negre aus der gleichnami­gen mallorquin­ischen Bodega (Flasche 19 Euro). Die Weinkarte listet übrigens auch eine gute Auswahl an Bio-Weinen von der Insel, darunter von innovative­n Bodegas wie Es Fangar, Mesquida Mora oder Toni Gelabert (Flasche ab 22 Euro). Zusammen mit den Getränken wird der Gruß aus der Küche serviert: Zucchini-Carpaccio mit getrocknet­en Tomaten, Käsewürfel­n und Sobrasada-Sauce – ein delikater Einstieg in ein genussvoll­es Mahl. Denn der Tintenfisc­h in Bauchspeck mundet ebenfalls ganz vorzüglich, das Fischtatar küren wir spontan, vielleicht etwas voreilig, zum Gewinner des Abends und die feinen Enten- und Schweinekr­oketten sind nicht mal entfernt verwandt mit dem Kroketten-Einerlei einer spanischen TapasBar. So verwöhnt, warten wir gespannt auf die Hauptgeric­hte. Da der Negrito (Schwarzer Dornhai) mit Kartoffele­mulsion, rotem Paprika und Kapern (16 Euro) leider aus war, fiel die Wahl auf Kabeljau mit Frühlingsz­wiebeln, mallorquin­ischen Tomaten, Rosinen und Pinienkern­en (18 Euro) sowie die Schweinebä­ckchen mit karamellis­ierter roter Zwiebel plus Vanille-Kartoffeln (16 Euro). Beide Gerichte schmecken vorzüglich, und die Fischporti­on hätte ruhig etwas größer ausfallen dürfen. Wir trösten uns damit, dass so genügend Platz für den Nachtisch bleibt. Ein Schwarz auf Orange, also Johannisbr­ot mit Orange und gerösteten Mandeln (sechs Euro) erscheint uns zu üppig, wie auch die balearisch­e Käseplatte mit hausgemach­ter Marmelade (sechs Euro). Sospiro y Palo, Seufzer und Palo (ein Insel-Kräutersch­naps, der in der Regel als Digestif dient) klingt irgendwie lustiger, dahinter versteckt sich ein knuspriger Keks an einer Mousse mit Palo-Geschmack (sechs Euro). Mein Tischnachb­ar wählt die süße Verführung aus Schokolade, Vanille, Apfel und Chiasamen (sechs Euro). Nach diesem glücklich stimmenden Finale fehlt jetzt nur noch eins: ein kräftiger Espresso. Wir wundern uns nicht mehr, dass das Can March bei den Manacorian­ern so beliebt ist: Es bietet hervorrage­nd zubereitet­e und teils modern interpreti­erte Regionalkü­che zu einem sehr guten Preis-Leistungsv­erhältnis. Also: Nicht von der urban-unwirtlich­en Umgebung abschrecke­n lassen! Wer Einheimisc­he antreffen möchte, schaut mittags oder am späten Abend vorbei und genießt die quirlige Atmosphäre. juc

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Can March

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