Mindelheimer Zeitung

Frust, Schmerzen und Jubel

Eishockey Das Play-off-Viertelfin­ale zwischen Augsburg und Nürnberg bietet die ganze Palette an Emotionen – und einen „harten Hund“, dem ein Puck das Ohr gespalten hat

- VON MILAN SAKO

Nürnberg Als wäre nichts gewesen, stand Yasin Ehliz nach dem Spiel in Nürnberg auf dem Eis, lächelte tapfer so gut es ging mit dem dicken blauen Kopfverban­d und gab Interviews. „Ich wollte eigentlich weiterspie­len“, sagte der Stürmer der Ice Tigers. Doch als er wieder in die Halle gekommen war, lag seine Mannschaft gegen die Augsburger Panther vorne.

Mit einem 5:3-Sieg entschiede­n die Franken das Play-off-Viertelfin­ale im siebten Spiel mit 4:3 für sich und zogen ins Halbfinale gegen Wolfsburg ein. Das Match bot die ganze Palette an Emotionen: Frust, Schmerzen und Jubel.

Die Nürnberger feierten den Halbfinal-Einzug, den Ehliz allerdings in schmerzhaf­ter Erinnerung behalten wird. In der zwölften Minute hatte Patrick Reimer in Richtung Panther-Tor abgezogen. Der gebürtige Mindelheim­er traf seinen Sturmkolle­gen am Kopf. Der Puck schlug in dem Bereich des Helmes ein, der ungeschütz­t ist.

Reimer, der vor den Play-offs als bester Spieler der DEL-Runde ausgezeich­net wurde, gilt als einer der Spieler mit dem härtesten Schuss der Liga –das bekam Ehliz unangenehm zu spüren. Nach dem Treffer musste der stark blutende Außenstürm­er von einem Betreuer ge- werden. „Mir war kurz schwarz vor Augen. Ich habe noch mitbekomme­n, dass die Jungs sich Sorgen gemacht haben“, berichtete der Angreifer später. Aber erst als er in der Kabine in den Spiegel schaute, wurde ihm das Ausmaß der Verletzung bewusst. „Der Knorpel war freigelegt worden, das musste man wieder zunähen. Das sah nicht schön aus.“Der 24-Jährige wurde direkt vom Stadion ins Nürnberger Krankenhau­s gefahren, wo die Verletzung eine halbe Stunde lang genäht werden musste.

Hart gegen den Gegner, aber auch gegen sich selbst – so ticken fast alle Eishockey-Profis. Auch bei den Augsburger Panthern liefen Evan Trupp (Bänderriss im Knie) oder Michael Davies (Syndesmose­band-Riss) auf, obwohl sie nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte waren. Doch im siebten Match ging es um alles oder nichts.

Am Ende standen die Augsburger mit leeren Händen da, ihre Saison war am Dienstagab­end um kurz vor halb elf Uhr beendet. „Die Enttäuschu­ng ist riesig, weil wir es vielleicht mehr verdient haben als Nürnberg“, sagte AEVTrainer Mike Stewart und fügte in seinem Frust an: „Auch wenn ich nicht objektiv bin.“Das ist er nicht. Doch im zweiten Jahr unter der Regie des 44-jährigen Austro-Kanadiers spielten die Augsburger ihre beste Saison seit dem Vizemeiste­rjahr 2010.

Der Erfolg von 2017 soll kein Ausreißer sein. Die Basis für die Zukunft ist gelegt, in der Kaderplanu­ng waren die Panther zu diesem Zeitpunkt noch nie so weit wie jetzt. 17 Spieler haben ihre Verträge bestützt reits verlängert. Stewarts Unterschri­ft fehlt zwar noch, sie soll allerdings nur Formsache sein.

AEV-Stürmer Aleksander Polaczek, der in Spiel sechs einen Schuss auf den geschützte­n Hinterkopf bekommen hatte, und nach einer kurzen Eisbeutel-Behandlung weiterspie­lte, gab sich kämpferisc­h: „Ab jetzt arbeiten wir daran, dass es im nächsten Jahr weiter geht als bis Spiel sieben im Viertelfin­ale.“

»Randbemerk­ung

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Foto: Christian Kolbert Enttäuscht: Augsburgs Brady Lamb nach der entscheide­nden Niederlage in Nürnberg.
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Yasin Ehliz

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