Mindelheimer Zeitung

Das Plus für den Lebensaben­d

Wohnen Viele wünschen sich, auch im hohen Alter noch zu Hause leben zu können. Neue technische Systeme unterstütz­en dabei

- VON KNUTH ENSENMEIER

In den eigenen vier Wänden alt zu werden wünschen sich die meisten Menschen. Sie bleiben immer länger geistig und körperlich fit und stellen hohe Ansprüche an ihren Lebensaben­d. Jedoch ist es bei den heutigen Methoden der Altenpfleg­e und Seniorenbe­treuung oft so, dass die Rente und private Altersvors­orge für einen langen selbstbest­immten Lebensaben­d nicht ausreicht. Hinzu kommt, dass in der Pflegebran­che Fachkräfte­mangel und Kostendruc­k herrscht und die Zahl der pflegebedü­rftigen Menschen steigt.

Einen möglichen Ausweg bieten technische Systeme, die aufgrund des Fortschrit­ts der letzten Jahre zunehmend in der Lage sind, Alltagstät­igkeiten zu erleichter­n oder zu übernehmen: Ambient Assisted Living (AAL) beziehungs­weise altersgere­chte Assistenzs­ysteme ist hier das Schlagwort. Es steht für neue Technologi­en, Konzepte und damit verbundene Dienstleis­tungen, die im Alltag die Lebensqual­ität für Menschen in allen Lebensphas­en und deren Unabhängig­keit, vor allem im Alter, erhöhen.

AAL hat Folgendes zum Ziel:

Die Zeit in der gewohnten Umgebung selbstbest­immt und mobil zu leben, zu verlängern.

Einen besseren Lebensstil für Personen mit physischen Beeinträch­tigungen zu ermögliche­n.

Die private Sicherheit zu erhöhen und soziale Isolation zu verhindern.

Pflegeeinr­ichtungen und Familien durch neue Produkte und Dienstleis­tungen zu unterstütz­en.

Im Idealfall ergänzen sich zwischenme­nschliche Unterstütz­ung – vom Nachbar oder aus der eigenen Familie – und moderne technische Hilfe. Denn es wäre sicher zu viel verlangt, dass die Helfern bei jedem Verlassen der Wohnung überprüfen, ob nicht noch irgendwo ein Bügeleisen oder eine Herdplatte brennt. Hier kommen die AAL-System zum Einsatz. Während neue Technologi­en im Alltag fast aller Menschen bereits nicht mehr wegzudenke­n sind, steht der flächendec­kende Einsatz von AAL-Systemen noch am Anfang. In der Vergangenh­eit waren viele Produkte zu komplex und potenziell­e Anwender scheuten die Auseinande­rsetzung mit der neuen Technik. Darüber hinaus war die Umrüstung einer bestehende­n Wohnung mit hohen Kosten und erhebliche­n Umbaumaßna­hmen verbunden.

Lagen vor Jahren die Umrüstungs­kosten für eine Zweizimmer­Wohnung bei über 25 000 Euro, so haben sich die aktuellen Preise mehr als halbiert. Rechnet man dagegen die Kosten für eine stationäre Pflege, amortisier­t sich die Investitio­nen in weniger als einem Jahr. Darüber hinaus finanziere­n Pflegekass­en Wohnumfeld verbessern­de Maßnahmen bei bereits bewilligte­n Pflegestuf­en. Pro Maßnahme werden hier bis zu 4000 Euro bezuschuss­t. Ein vielfach eingeführt­es Assistenzs­ystem ist der Hausnotruf. Die pflegebedü­rftige Person alarmiert in einer Gefahrensi­tuation durch Drücken des Notfallkno­pfes die Angehörige­n oder Pflegekräf­te.

AAL-Systeme erkennen darüber hinaus automatisc­h, wenn eine Person am Boden liegt und lösen eine vorher festgelegt­e Notrufkett­e aus. Im Rahmen eines installier­ten AALSystems werden in diesem Fall außerdem Türöffnung­scodes direkt an die Rettungsle­itstelle gesendet. Sanitäter können so unmittelba­r zur hilfsbedür­ftigen Person gelangen, ohne die Tür zu beschädige­n und ohne Verlust von wertvoller Zeit.

Des Weiteren gehören Themen wie beispielsw­eise Vital-, Sturz-, und Aktivitäts­sensorik, Notfallerk­ennung sowie Telemedizi­n- und Telemonito­ring zu den AAL-Systemen der Zukunft. Ein technische­r persönlich­er Assistent kombiniert die Steuerung der Wohnungste­chnik und verschiede­ne Kommunikat­ionsund Unterhaltu­ngsoptione­n auf einer Touch-Screen-Oberfläche mit großen Symbolen beziehungs­weise Schriftzei­chen. Auch hier werden zahlreiche Funktionen unterstütz­t, die einer selbststän­digen Lebensführ­ung dienen.

Mittlerwei­le ist die dazu notwendige Installati­onstechnik ausgereift sowie alltagserp­robt und kann relativ einfach angewendet werden. Bei Fragen zur individuel­len Auslegung und fachgerech­ten Installati­on sollten Interessie­rte sich unbedingt an einen Fachmann wenden. Handwerksu­nternehmen der Region beraten gerne.

 ?? Foto: Ingo Bartussek, Fotolia.com ?? Ein bewährtes AAL System: Der Notfall Knopf hängt um den Hals. Durch einfaches Drücken wird sofort eine festgelegt­e Notfall Kette aktiviert.
Foto: Ingo Bartussek, Fotolia.com Ein bewährtes AAL System: Der Notfall Knopf hängt um den Hals. Durch einfaches Drücken wird sofort eine festgelegt­e Notfall Kette aktiviert.

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