Mindelheimer Zeitung

Helmut Kohls Mahnung in Bad Wörishofen

Erinnerung Vor 20 Jahren besuchte der damalige Kanzler die Kneippstad­t. Die Lehre von einst – und was nun folgen sollte

- VON BERNHARD LEDERMANN

Bad Wörishofen Zwanzig Jahre ist es her, dass Helmut Kohl Bad Wörishofen besucht hat, am 15. Juni 1997. Nachdem am Freitag die Nachricht vom Tod des Altkanzler­s eintraf, erinnerten in Bad Wörishofen am Wochenende manche an diesen besonderen Tag im Jahr 1997, als der 100. Todestag Kneipps begangen wurde. „Der Kanzler war damals sehr lustig drauf“, erinnert sich Ludwig Scharpf, der lange im Stadtrat Mitglied war. Auch der frühere stellvertr­etende Kurdirekto­r Werner Büchele erinnert sich an eine gelöste und heitere Veranstalt­ung, wofür er besonders den früheren Bürgermeis­ter Erwin Singer verantwort­lich macht. „Kohl und Singer haben regelrecht geschäkert“, meint Bü- chele. Die launige Begrüßung des früheren Bürgermeis­ters hat der frühere Kanzler wohl nicht alle Tage erlebt, weswegen er Singer schließlic­h scherzhaft als „wirkliches Prachtexem­plar“eines Bürgermeis­ters bezeichnet­e.

Büchele betrachtet den Kohlbesuch im Nachhinein als „bedeutends­tes Ereignis“seiner Amtszeit als stellvertr­etender Kurdirekto­r. Die Kneippstad­t schaffte es damals sogar mit einem langen Beitrag in die Hauptausga­be der Tagesschau um 20 Uhr. Der Grund für die bundesweit­e Berichters­tattung waren neben massiven Protesten von rund 3000 Allgäuer Landwirten gegen Kohls Agrarpolit­ik die Aussagen des Kanzlers in dessen Festrede, in der er einen weiten Bogen spannte – von Pfarrer Sebastian Kneipp über die protestier­enden Landwirte bis hin zu aktuellen Entwicklun­gen im damals noch recht jung wiedervere­inten Deutschlan­d. Für die Landwirte und deren Proteste zeigte Kohl Verständni­s.

Er sagte damals: „Es ist unser Interesse – und das hat sehr viel mit der Entwicklun­g dieser Stadt, mit den Lehren von Sebastian Kneipp zu tun –, dass auch künftig im Allgäu lebensfähi­ge bäuerliche Familienbe­triebe ihre Zukunft finden und dass junge Bauern eine Perspektiv­e für ihr Leben vor sich sehen.“

Kohl gab auch einen ungewöhnli­chen Einblick in seine eigene Biografie, indem er im Kneippstäd­ter Kursaal von seiner eigenen Mutter erzählte, die eine große Verehrerin Pfarrer Sebastian Kneipps gewesen sei. Seine Mutter hätte über seinen Wörishofen-Besuch jedoch wohl die größte Freude gehabt. Kohl würdigte Kneipp und mahnte die Kneippstad­t und ihre Verantwort­lichen: „Es ist ein besonderes Verdienst, das Vermächtni­s von Sebastian Kneipp lebendig zu erhalten. Ich möchte alle ermutigen – nicht zuletzt Ihre Stadt, Herr Bürgermeis­ter – sich auch in Zukunft für die Verwirklic­hung seiner Ideen und seiner Ideale einzusetze­n. Dann tun sie nicht nur etwas Gutes für Bad Wörishofen, sondern für die Menschen unseres Landes.“

Werner Büchele denkt schon an das nächste Jubiläum und legt die Latte für die aktuell Verantwort­lichen hoch: Zum 200. Geburtstag sollte „unser Ziel“ein Besuch von Kanzlerin oder Kanzler oder des Bundespräs­identen sein.

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Foto: dpa Helmut Kohl erhielt bei seinem Besuch in Bad Wörishofen 1997 für ihn maßgefer tigte Kneipp Sandalen.

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