Mindelheimer Zeitung

Der nette kleine Bruder

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Schüchtern­es Lächeln, Bubi-Frisur, graues T-Shirt, Jeans, Turnschuhe oder Badeschlap­pen – Mark Zuckerberg wirkt noch immer wie der Student, der er war, als er Facebook gründete. So einer kann nichts Böses vorhaben mit den teils höchst privaten Informatio­nen, die inzwischen mehr als 2,1 Milliarden Menschen weltweit freimütig auf dem sozialen Netzwerk teilen. Es ist ja nicht der Große Bruder aus George Orwells Überwachun­gs-Dystopie „1984“, der all die Daten hamstert, sondern dieser junge Typ, der eher wie ein harmloser kleiner Bruder wirkt. Der als sein Lebensziel angibt, den Klimawande­l aufzuhalte­n und Krankheite­n zu besiegen. Würden die Menschen ihr Innerstes auch vor Donald Trump entblößen, vor Wladimir Putin oder irgendwelc­hen schmierige­n Politikber­atern? Viele wohl eher nicht. Geheimdien­ste müssen mühsam schnüffeln, Facebook bekommt die Daten einfach geschenkt. Doch wie es aussieht, sind 50 Millionen Nutzerprof­ile aus dem Netzwerk des netten Herrn Zuckerberg dazu missbrauch­t worden, um die Wahlen in den USA zu manipulier­en. Um ganz gezielt Botschafte­n zu versenden mit dem Ziel, Menschen dazu zu bewegen, Trump zu wählen. Und seine Gegnerin Hillary Clinton zu verunglimp­fen. Wenn sich das alles als wahr herausstel­lt, ist es ein ungeheuerl­icher Angriff auf die Grundfeste­n der Demokratie.

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