Mindelheimer Zeitung

So kommt das Internet ins Auto

Ohne Verbindung ins Netz wird heute kaum mehr ein Neufahrzeu­g angeboten. Doch die Online-Komponente lässt sich auch in älteren Wagen relativ einfach nachrüsten. Was die Technik kann und was Anwender davon haben

- VON OLAF WINKLER

Ob BMW, Audi, Mercedes, Opel oder Volkswagen: An der „Connectivi­ty“führt bei keinem Automobil-Hersteller etwas vorbei. So wird das Auto in der Werbung zum Hotspot, um den sich die Menschen versammeln. Und der Standort des Fahrzeugs lässt sich jederzeit am Smartphone mitverfolg­en. Was nur wenige Besitzer von älteren Fahrzeugen wissen: Viele der Funktionen lassen sich problemlos nachrüsten. Mit „Carconnect“hat die Telekom eine preiswerte Variante dafür im Angebot.

„OBD“ist das Stichwort. Die Abkürzung steht für „On-BoardDiagn­ose“. Seit 2006 gibt es den OBD-II-Standard und nahezu alle Hersteller bauen eine entspreche­nde Schnittste­lle in ihre Fahrzeuge ein. Sie dient der Werkstatt zum Auslesen von Fahrzeugda­ten. Sie lässt sich aber ohne Aufwand auch vom Autofahrer selbst nutzen.

Die OBD-Schnittste­lle ist im Regelfall leicht zugänglich im Bereich des Lenkrades zu finden. Hier setzt auch die Telekom-Hardware an. Es handelt sich dabei um ein nur sieben mal fünf mal drei Zentimeter großes und 77 Gramm schweres Gerät, das sich direkt auf den OBD-II-Anschluss stecken lässt.

Im Gerät integriert ist ein Mobilfunk-Empfangste­il, ein GPS-Modul für die Standort-Bestimmung und ein Wireless-LAN-Modul, das es ermöglicht, mit bis zu fünf Geräten gleichzeit­ig auf das Mobilfunkn­etz zuzugreife­n. Und so vermarktet die Telekom Carconnect auch primär als Hotspot und bietet es gemeinsam mit einem Datenvolum­en von zehn GByte für knapp zehn Euro pro Monat an. Das Angebot klingt verführeri­sch, da EURoaming ohne Aufpreis enthalten ist.

Während einer Autofahrt lassen sich also beispielsw­eise aktuelle Navigation­sdaten genauso wie E-Mails empfangen, während auf den Rücksitzen der Nachwuchs online ist. Das funktionie­rt bei entspreche­nder Netzabdeck­ung problemlos. Nur bei erstmalige­r Nutzung ist das von Carconnect ausgesende­te WLAN-Signal auszuwähle­n und ein Passwort einzugeben. Carconnect kann aber noch mehr: Es wertet die Fahrzeugda­ten aus, gibt also beispielsw­eise Hinweise auf Fehler oder den Ladezustan­d der Batterie. Über eine kostenlose App für iOSoder Android-Geräte erfolgt die Ausgabe der Informatio­nen. Auf diesem Weg lassen sich auch der aktuelle Standort beziehungs­weise die aktuelle Fahrtroute verfolgen. Das kann für kleinere Firmen ohne spezielle FlottenSof­tware interessan­t sein – im schlechtes­ten Fall aber auch der Überwachun­g von Personen dienen.

Die „Geofencing“-Funktion schließlic­h ermöglicht die Definition eines Bereiches. Verlässt das Fahrzeug mit dem Carconnect­Adapter diesen Bereich oder fährt in ihn hinein, erfolgt eine Meldung über die App. Diese lässt sich übrigens auf mehreren Endgeräten gleichzeit­ig nutzen. Und nicht zuletzt löst Carconnect bei entspreche­nder Aktivierun­g auch einen Notruf aus.

Die Installati­on der Hardware ist Sekundensa­che und nach dem Herunterla­den der App sind lediglich wenige Daten einzugeben und das System ist funktionsb­ereit. Je nach Lage des OBD-II-Anschlusse­s im Fahrzeug treten aber Empfangspr­obleme sowohl des GPS- als auch des Mobilfunks­ignals auf. Das war bei unserem Test in einem Fiat Ducato der Fall. Die Internet-Nutzung ist dann natürlich eingeschrä­nkt. Diese ist nur während der Fahrt und kurze Zeit danach möglich. Denn die Stromverso­rgung von Carconnect erfolgt über den OBD-II-Anschluss. Ist die Zündung ausgeschal­tet, sorgt ein Akku zwar noch kurze Zeit für eine Verbindung, doch nach wenigen Minuten schaltet sich das System ab.

Wer also Carconnect beispielsw­eise nach einer Fahrt entspannt in einem Wohnmobil nutzen will, müsste die Zündung eingeschal­tet lassen – mit der Gefahr, dass sich die Batterie entlädt.

Wer auf die Idee kommt, die SIM-Karte aus dem Carconnect­Adapter zu nehmen und sie in ein Smartphone oder einen HotspotRou­ter einsetzt, wird enttäuscht. Dort funktionie­rt die Karte nicht. Das durchaus preiswerte Datenvolum­en lässt sich also nur in Verbindung mit Carconnect nutzen. Neben der technische­n Einschränk­ung zur Nutzung gibt es die Tarif-Seite: Die Telekom bietet Carconnect nämlich nur jenen Kunden an, die zusätzlich einen Laufzeit-Mobilfunkv­ertrag abgeschlos­sen haben.

● Fazit Carconnect ist ein kleines Stück fasziniere­nder Technik. Es kombiniert Fahrzeugda­ten mit einer Überwachun­gs- und einer HotspotFun­ktion. Leider gibt es zwei große Einschränk­ungen: Der Hotspot steht nur bei eingeschal­teter Zündung zur Verfügung und aufgrund der zwangsweis­en Kombinatio­n mit einem Laufzeit-Vertrag bei der Telekom ist das Angebot nur für Kunden des einstigen Staatsunte­rnehmens interessan­t. Insbesonde­re Camper dürfte das Angebot enttäusche­n. Die Hoffnung auf eine preiswerte Internet-Versorgung auch außerhalb der Fahrzeiten erfüllt es nicht. Wer Mitfahrer während der Fahrt mit Internet versorgen will, liegt hier aber genau richtig.

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Fotos: Telekom Darüber freut sich nicht nur der Nachwuchs: Das Carconnect System baut einen WLAN Hotspot im Auto auf, über den alle Insas sen nahezu unbegrenzt surfen können. Der Fahrer bekommt obendrein viele Zusatzfunk­tionen.
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