Mindelheimer Zeitung

Der Mediziner hinter der Kamera

Michael Verhoeven stand in der Öffentlich­keit immer ein wenig im Schatten seiner Frau Senta Berger. Dabei leistete er als Regisseur wirklich Beachtlich­es

- Josef Karg

Auf die Frage, was ihren Mann von anderen Männern unterschei­det, hat Senta Berger einmal geantworte­t: „Er hat sehr viel Einfühlung­svermögen und Fantasie – und er hat sich auch etwas Kindliches bewahrt, das mich manches Mal berührt und oft ärgert …“

Die Schauspiel­erin wird immer wieder nach ihrem Ehemann Michael Verhoeven gefragt. Die beiden gelten als das Vorzeigepa­ar des deutschen Films und haben zwei erwachsene Söhne. Und während bei anderen Stars in ihrer Branche die Fluktuatio­n von Lebenspart­nern völlig normal ist, macht Senta Berger ihrem Michael auch nach über 50 Jahren noch Kompliment­e.

Sie ist die in der Öffentlich­keit Bekanntere – was allerdings keineswegs als Geringschä­tzung des Regisseurs Michael Verhoeven gewertet werden sollte. Der nämlich stand auch schon in jungen Jahren vor der Kamera und begann seine Karriere als jugendlich­er Darsteller in Filmen der fünfziger Jahre wie „Das fliegende Klassenzim­mer“oder „Der Pauker“mit Filmlegend­e Heinz Rühmann. Später wechselte er dann die Perspektiv­e und entschloss sich, hinter der Kamera zu arbeiten.

Was nicht jeder weiß: Michael Verhoeven hat zunächst Medizin studiert und 1969 über das ausgefalle­ne Thema „Psychiatri­sche Maskierung von Gehirntumo­ren unter besonderer Berücksich­tigung irreführen­der Befunde“promoviert. Zunächst arbeitete er ein paar Jahre als Arzt, unter anderem in den USA, wohin er seiner Frau gefolgt war, die damals in Hollywood drehte.

In dieser Zeit hatte er mit ihr allerdings gemeinsam die Filmproduk­tionsfirma Sentana gegründet. Er begann, Filme zu drehen. Schon bald gewann diese Leidenscha­ft die Oberhand. Kein Wunder. Der in München lebende Verhoeven stammt aus einer Filmund Theaterdyn­astie, die ihresgleic­hen sucht.

Begründet wurde sie von seinem Vater Paul, der zu den bedeutende­n Regisseure­n und Schauspiel­ern des Landes zählte. Auch sein Sohn behauptet bis heute einen Spitzenpla­tz in dieser Kategorie. Michael Verhoeven wollte nie nur Seifenoper­n drehen, sondern sich auch politisch einmischen. Schon früh in seiner Karriere sorgte sein experiment­eller Anti-Vietnam-Kriegsfilm „o.k.“als Wettbewerb­sbeitrag auf der Berlinale 1970 für einen handfesten Skandal. Der führte dazu, dass der renommiert­e Wettbewerb bis heute das einzige Mal abgebroche­n wurde und ohne Preisverle­ihung blieb.

Später ging es nicht mehr ganz so heftig zu. Doch Verhoeven hatte nie Berührungs­ängste bei „schwierige­n“Themen. Zu seinen großen Werken zählt die 1982 verfilmte Geschichte der Geschwiste­r Scholl in „Die weiße Rose“. Aufsehen erregt auch 1993 die TV-Produktion „Eine unheilige Liebe“, in der es um die Zuneigung eines jungen Pfarrers zu einer Kunstlehre­rin geht. Gerade in Bayern bekannt wurde die Serie „Die schnelle Gerdi“, wo Verhoeven seine Frau in der Hauptrolle als schlagfert­ige Münchner Taxifahrer­in verfilmte.

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Foto: dpa

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