Mittelschwaebische Nachrichten
Die Gurtmuffel-Jäger
Brunner und Fackler haben gezählt, wie viele Verkehrsteilnehmer sich anschnallen. Warum das Ergebnis alarmierend ist
Illertissen Dass die Zählung repräsentativ im Sinne einer Marktforschungsoder Sozialstudie ist, würde Josef Fackler nicht behaupten wollen. Eine stichprobenartige Momentaufnahme mit einem alarmierenden Ergebnis war sie allemal. Zusammen mit seinem SPD-Genossen und Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Brunner hatte sich der ehemalige Zweite Bürgermeister Mitte Juli in seiner Heimatstadt an den Straßenrand gestellt, um Gurtmuffel aufzuspüren. Als Gurtmuffel werden überspitzt gern jene Zeitgenossen betitelt, die sich heute noch in ein Kraftfahrzeug setzen und nicht anschnallen mit dem Gurt, der ihrer Sicherheit dienen soll.
Fackler und Brunner sind Mitglieder des Automobilclubs Europa, kurz ACE, auf dessen Veranlassung sie sich in Illertissen an den Straßenrand gestellt hatten. „Komm, Gu(r)t an“hat jener ACE seine bundesweite Verkehrssicherheits-Kampagne betitelt. Gezählt wurde also in vielen Kommunen. Das Illertisser Ergebnis hat sich in ACE-Kreisen inzwischen aber als markant herumgesprochen.
Fackler hatte an einem Tag im Juli von 10 bis 12 Uhr mittags auf der mit Ampeln ausgestatteten Hirschkreuzung in die Autos geblickt und dabei 258 Fahrzeuge registriert. Ergebnis: Nur rund 55,04 Prozent der Fahrer waren angeschnallt, 44,96 Prozent nicht. In 250 Autos saßen auch Beifahrer. Von ihnen, so Fackler, seien 65,2 Prozent angeschnallt gewesen. 34,8 Prozent hätten auf den Gurt verzichtet. Bei Brunner, der sich an den Kreisverkehr auf der Ulmer Straße gestellt hatte, kommen die heimischen Autofahrer besser weg. Alle Beifahrer hatten den Gurt angelegt, unter den Fahrern hatten es 8,1 Prozent nicht für notwendig erachtet und lieber in Kauf genommen, sich bei einem möglichen Unfall einem höheren Risiko auszusetzen.
Bis Ende vergangener Woche musste Josef Fackler, der vor Ort die Sicherheitskampagne leitet, die Stichproben an den ACE weiterleiten, um sie in die bundesweite Studie einfließen zu lassen. „Als erschreckende Bilanz“bezeichnet er vor allem das Ergebnis, das er von der Hirschkreuzung mitgebracht hatte.
Vor 40 Jahren ist die Gurtpflicht eingeführt worden. Richtig beachtet wurde sie laut ACE aber erst, als bei Verstößen 40 Mark Bußgeld fällig wurden. Heute verlangt die Polizei den Gurtsündern 30 Euro ab. Es komme aber darauf an, wie einsichtig sich ein Verkehrsteilnehmer zeige. „Manchmal belassen wir es auch bei einer mündlichen Verwarnung“, sagt Polizist Klaus Bluhm.