Mittelschwaebische Nachrichten

Frau Raffke

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Wenn Politiker stürzen, dann stürzen sie häufig nicht über den eigentlich­en Skandal, sondern über ihren Umgang damit. Im Fall der SPD-Abgeordnet­en Petra Hinz ist das zwar etwas anders, weil ein erfundenes Abitur und ein erfundenes Jurastudiu­m schon Gründe genug sind für einen Rücktritt. Die Art und Weise jedoch, in der die Möchtegern-Juristin Parteifreu­nde und Kollegen nach dem Bekanntwer­den ihrer Lebenslüge vor den Kopf stößt, ist beispiello­s. Offenbar spielt sie auf Zeit – und Zeit bedeutet in ihrem Fall Geld.

Vor zwei Wochen hat Petra Hinz angekündig­t, ihr Mandat niederzule­gen. Tatsächlic­h kassiert sie noch immer ihre Diäten und die steuerfrei­e Aufwandspa­uschale. Nun hat sie sich krankgemel­det, was ihr gutes Recht ist, wenn sie krank ist. Um auf ihr Mandat zu verzichten, muss sie aber nicht warten, bis der Bundestags­präsident Zeit hat und sie ihm ihre Verzichtse­rklärung persönlich überreiche­n kann. Ein Gang zum Notar um die Ecke in Essen hätte ausgereich­t.

Rein menschlich ist ihr Zögern verständli­ch: Die 54-Jährige wird große Probleme haben, außerhalb der Politik ein neues Leben zu beginnen – und niemand kann eine freie Abgeordnet­e zwingen, ihr Mandat vor Ablauf der Wahlperiod­e aufzugeben. Dem arg ramponiert­en Ansehen der Politik aber fügt Petra Hinz mit diesem RaffkeDenk­en noch größeren Schaden zu als mit ihrer erfundenen Biografie.

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