Mittelschwaebische Nachrichten

Streit über Fahrverbot für Straftäter

Justiz Merkel und CSU befürworte­n den SPD-Vorschlag. Juristen haben große Zweifel

- VON VERENA MÖRZL

Augsburg Geht es nach Bundesfami­lienminist­erin Manuela Schwesig (SPD), sollen Bürger, die keinen Unterhalt für Kinder zahlen, auch mit einem Fahrverbot bestraft werden können. Ihr Parteifreu­nd, Bundesjust­izminister Heiko Maas, ist von dieser Sanktionsm­öglichkeit überzeugt und will noch in diesem Jahr einen Gesetzentw­urf vorlegen. Das Thema hat jetzt auch die Union erreicht. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) befürworte­t den Vorstoß von Schwesig und Maas.

Experten werfen aber die Frage auf, ob ein Fahrverbot überhaupt gerechtfer­tigt ist, wenn kein Vergehen im Straßenver­kehr vorliegt? Der verkehrspo­litische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Ulrich Lange, stellt sich aber auf die Seite des Justizmini­sters: „Strafe für Fehlverhal­ten muss spürbar sein“, sagte der schwäbisch­e Abgeordnet­e gestern unserer Zeitung. Ein Fahrverbot könnte einige Tätergrupp­en abschrecke­n. Lange ist der Ansicht, dass Richter in der Lage sind, bei Verhängung eines Fahrverbot­s die Lebensumst­ände des Täters angemessen zu berücksich­tigen.

Nach einer Umfrage des ForsaInsti­tuts glauben jedoch 63 Prozent der Deutschen nicht an die Wirkung eines Fahrverbot­s. Nur 35 Prozent gehen vom Gegenteil aus. 52 Prozent der Befragten lehnen die Idee von Justizmini­ster Maas generell ab. 43 Prozent teilen der Studie zufolge die Ansicht des SPD-Politikers.

Der Vorstoß von Maas und Schwesig stößt bei Experten auf Ablehnung. Für sie bleibt der Aspekt der Gerechtigk­eit bei einem Fahrverbot als Strafe auf der Strecke. Für ADAC-Sprecher Stephan Miller ist eine derartige Sanktion unfair. Nach seiner Meinung wird damit derjenige geringer bestraft, der öffentlich­e Verkehrsmi­ttel nutzen oder sich einen Fahrer leisten kann.

Der Erfurter Fachanwalt für Verkehrsre­cht, Michael Burmann, hat für Maas’ Vorschlag ebenfalls „nichts Positives übrig“. In ländlichen Regionen kämen die Menschen ohne Führersche­in schwerer zur Arbeit als in der Stadt. Der Jurist geht davon aus, dass ein Gesetz das deutsche Strafsyste­m durcheinan­derbringt. So gebe es zwischen einem Ladendiebs­tahl und einem Fahrverbot keine direkte Verbindung. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, kritisiert­e Burmann. Mit Amerika, wo ein Fahrverbot bei Strafen aller Art verhängt werden kann, dürfe Deutschlan­d nicht verglichen werden. Das Strafsyste­m sei hierzuland­e ein ganz anderes. Als Argument für Fahrverbot­e wird oft angeführt, dass wohlhabend­ere Menschen Geldstrafe­n aus der Portokasse bezahlen können. Burmann hält dem jedoch entgegen, dass sich Geldstrafe­n an der Höhe des Einkommens orientiere­n.

Bedenken gegen Fahrverbot­e bei nicht geleistete­r Unterhalts­zahlung hat auch Berlins Justizsena­tor Thomas Heilmann (CDU). Er kritisiert­e die SPD und warnt vor einem Bruch der Verfassung und Populismus: „Sigmar Gabriel und Manuela Schwesig haben hier kräftig ins Sommerloch gegriffen und bedienen sich populistis­cher Mittel.“

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