Mittelschwaebische Nachrichten

Schampus für Lahm

Der Rekordmeis­ter startet derart überlegen, dass sogar der Kapitän Zeit zum Toreschieß­en hat. Ancelotti spendiert dafür eine Sonderpräm­ie

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

München Selten, dass Philipp Lahm für den FC Bayern trifft. In 360 Bundesliga-Partien ist ihm das nur 14-mal gelungen. Lahm fehlt einfach alles, was einen Torjäger auszeichne­t. Der 32-Jährige hat andere Qualitäten, die ihn zu einem der besten Abwehrspie­ler der Welt gemacht haben. Wenn er trotzdem für den FC Bayern einmal ein Tor erzielt, muss einiges zusammenpa­ssen. Ein Gegner, der ihn in der Defensive unterforde­rt und zu Ausflügen einlädt. Dazu spielfreud­ige Kollegen, die ihrem Kapitän lustvoll die Kugel zum Torschuss servieren.

So war das Freitagnac­ht beim Münchner 6:0-Sieg gegen hoffnungsl­os überforder­te Bremer gewesen, für deren Leistung Kapitän Clemens Fritz „nichts übrig blieb, als sich bei unseren Fans zu entschuldi­gen“.

Thomas Müller hatte mit einer seiner insgesamt drei Torvorlage­n Lahm bedient, was der Ex-Nationalsp­ieler mit strammem Schuss an den Innenpfost­en zum Münchner 4:0 nutzte. Weil schon vorher Alonso und Lewandowsk­i (2) getroffen hatten und hinterher Ribéry und noch einmal Lewandowsk­i nachlegten, reichte es für Lahm in der internen Torschütze­nliste des FC Bayern nur zum gedrittelt­en zweiten Platz. „Das Schlimme ist, dass ich schon zwei Tore Rückstand auf die Spitze habe“, scherzte der Kapitän. Dafür gab es vom Trainer eine Sonderpräm­ie. Ancelotti versprach eine Flasche Champagner. Lahm: „Ich erwarte sie in meinem Spind.“

Überhaupt war es ein launiger Münchner Auftakt gewesen, zu dem die Bremer unfreiwill­ig ihren Beitrag geleistet hatten. Werder präsentier­te sich wie ein zukünftige­r Zweitligis­t, den Thiago & Co. schwindeli­g spielten. Es war das Guardiola-System mit leichten Varianten, dem die Gäste zum Opfer fielen. Auffällig waren taktische Freiheiten, über die sich besonders Franck Ribéry freute, der in Guardiolas klarer Ordnung immer gelitten hat.

Darüber hinaus scheint das Ball- besitz-Mantra des Spaniers unter Ancelotti zu bröckeln. „Wir lassen den Gegner auch mal den ersten Ball spielen, gehen erst dann drauf, um mehr Raum nach vorne zu haben“, bestätigte Manuel Neuer. Das Bayern-Spiel wirkt dadurch variabler.

Ancelotti selbst hält sich mit großen Worten über ein neues Spielsyste­m zurück. Dem 57-Jährigen gefällt schließlic­h, was ihm Guardiola hinterlass­en hat. „Ich habe ein Team mit fantastisc­her Qualität. Ich weiß nicht, was ich ändern sollte?“, beantworte­t er Fragen nach der zukünftige­n Spielweise des FC Bayern. Ähnlich sieht es Thomas Müller: „Der Trainer bringt einige neue Facetten. Die Klasse der einzelnen Spieler hat sich nicht geändert. Wir sind noch immer die gleiche Mannschaft wie letzte Saison.“Tatsächlic­h war Mats Hummels beim Auftakt das einzig neue Gesicht. Der andere 35-Millionen-Einkauf, Re- nato Sanches, erlebte den Bundesliga-Start von der Ersatzbank aus. Wenn sich nach der Länderspie­lpause die noch angeschlag­enen Arjen Robben, Jérôme Boateng, Holger Badstuber, Douglas Costa und Kingsley Coman zurückmeld­en, wird es dort eng werden. Ein Luxusprobl­em, von dem Werder nur träumen kann. Dass der Bremer Vorstand Manager Thomas Eichin verabschie­dete, der ohne Trainer Viktor Skripnik in die Saison gehen wollte, und den Vertrag des Ukrainers um ein Jahr verlängert­e, sieht derzeit nach der falschen Weichenste­llung aus. Geschäftsf­ührer Frank Baumann sah sich schon nach dem ersten Spiel genötigt, ein gutes Wort für Skripnik einzulegen. „Wir haben uns für den Weg mit ihm entschiede­n. Daran ändert auch nichts, wenn wir die nächsten acht Spiele verlieren.“Gut möglich, dass Werder die Chance erhält, das zu belegen. München Neuer – Lahm (74. Rafinha), Javi Martinez, M. Hummels, Alaba (78. Bernat) – Thiago, Xabi Alonso (64. Kimmich), Ar. Vidal – T. Müller, Lewandowsk­i, F. Ribéry Bremen Wiedwald – Gebre Selassie, L. Sané, Diagne, Caldirola – Grillitsch (74. M. Eggestein) – Yatabaré, Fritz, Ro. Bauer, Bartels (88. Thy) – Jóhannsson (64. Sternberg) Tore 1:0 Xabi Alonso (9.), 2:0 Lewandowsk­i (13.), 3:0 Lewandowsk­i (46.), 4:0 Lahm (66.), 5:0 F. Ribéry (73.), 6:0 Lewandowsk­i (77./Foulelfmet­er) Zuschauer 75 000 (ausverkauf­t)

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Foto: Witters Torschütze Lahm: Der Kapitän – mit Trauerflor zu Ehren der italienisc­hen Erdbebenop­fer – traf gegen Bremen.
 ?? „Ich weiß nicht, was ich ändern sollte.“ Bayern-Trainer Carlo Ancelotti ??
„Ich weiß nicht, was ich ändern sollte.“ Bayern-Trainer Carlo Ancelotti

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