Mittelschwaebische Nachrichten
Schampus für Lahm
Der Rekordmeister startet derart überlegen, dass sogar der Kapitän Zeit zum Toreschießen hat. Ancelotti spendiert dafür eine Sonderprämie
München Selten, dass Philipp Lahm für den FC Bayern trifft. In 360 Bundesliga-Partien ist ihm das nur 14-mal gelungen. Lahm fehlt einfach alles, was einen Torjäger auszeichnet. Der 32-Jährige hat andere Qualitäten, die ihn zu einem der besten Abwehrspieler der Welt gemacht haben. Wenn er trotzdem für den FC Bayern einmal ein Tor erzielt, muss einiges zusammenpassen. Ein Gegner, der ihn in der Defensive unterfordert und zu Ausflügen einlädt. Dazu spielfreudige Kollegen, die ihrem Kapitän lustvoll die Kugel zum Torschuss servieren.
So war das Freitagnacht beim Münchner 6:0-Sieg gegen hoffnungslos überforderte Bremer gewesen, für deren Leistung Kapitän Clemens Fritz „nichts übrig blieb, als sich bei unseren Fans zu entschuldigen“.
Thomas Müller hatte mit einer seiner insgesamt drei Torvorlagen Lahm bedient, was der Ex-Nationalspieler mit strammem Schuss an den Innenpfosten zum Münchner 4:0 nutzte. Weil schon vorher Alonso und Lewandowski (2) getroffen hatten und hinterher Ribéry und noch einmal Lewandowski nachlegten, reichte es für Lahm in der internen Torschützenliste des FC Bayern nur zum gedrittelten zweiten Platz. „Das Schlimme ist, dass ich schon zwei Tore Rückstand auf die Spitze habe“, scherzte der Kapitän. Dafür gab es vom Trainer eine Sonderprämie. Ancelotti versprach eine Flasche Champagner. Lahm: „Ich erwarte sie in meinem Spind.“
Überhaupt war es ein launiger Münchner Auftakt gewesen, zu dem die Bremer unfreiwillig ihren Beitrag geleistet hatten. Werder präsentierte sich wie ein zukünftiger Zweitligist, den Thiago & Co. schwindelig spielten. Es war das Guardiola-System mit leichten Varianten, dem die Gäste zum Opfer fielen. Auffällig waren taktische Freiheiten, über die sich besonders Franck Ribéry freute, der in Guardiolas klarer Ordnung immer gelitten hat.
Darüber hinaus scheint das Ball- besitz-Mantra des Spaniers unter Ancelotti zu bröckeln. „Wir lassen den Gegner auch mal den ersten Ball spielen, gehen erst dann drauf, um mehr Raum nach vorne zu haben“, bestätigte Manuel Neuer. Das Bayern-Spiel wirkt dadurch variabler.
Ancelotti selbst hält sich mit großen Worten über ein neues Spielsystem zurück. Dem 57-Jährigen gefällt schließlich, was ihm Guardiola hinterlassen hat. „Ich habe ein Team mit fantastischer Qualität. Ich weiß nicht, was ich ändern sollte?“, beantwortet er Fragen nach der zukünftigen Spielweise des FC Bayern. Ähnlich sieht es Thomas Müller: „Der Trainer bringt einige neue Facetten. Die Klasse der einzelnen Spieler hat sich nicht geändert. Wir sind noch immer die gleiche Mannschaft wie letzte Saison.“Tatsächlich war Mats Hummels beim Auftakt das einzig neue Gesicht. Der andere 35-Millionen-Einkauf, Re- nato Sanches, erlebte den Bundesliga-Start von der Ersatzbank aus. Wenn sich nach der Länderspielpause die noch angeschlagenen Arjen Robben, Jérôme Boateng, Holger Badstuber, Douglas Costa und Kingsley Coman zurückmelden, wird es dort eng werden. Ein Luxusproblem, von dem Werder nur träumen kann. Dass der Bremer Vorstand Manager Thomas Eichin verabschiedete, der ohne Trainer Viktor Skripnik in die Saison gehen wollte, und den Vertrag des Ukrainers um ein Jahr verlängerte, sieht derzeit nach der falschen Weichenstellung aus. Geschäftsführer Frank Baumann sah sich schon nach dem ersten Spiel genötigt, ein gutes Wort für Skripnik einzulegen. „Wir haben uns für den Weg mit ihm entschieden. Daran ändert auch nichts, wenn wir die nächsten acht Spiele verlieren.“Gut möglich, dass Werder die Chance erhält, das zu belegen. München Neuer – Lahm (74. Rafinha), Javi Martinez, M. Hummels, Alaba (78. Bernat) – Thiago, Xabi Alonso (64. Kimmich), Ar. Vidal – T. Müller, Lewandowski, F. Ribéry Bremen Wiedwald – Gebre Selassie, L. Sané, Diagne, Caldirola – Grillitsch (74. M. Eggestein) – Yatabaré, Fritz, Ro. Bauer, Bartels (88. Thy) – Jóhannsson (64. Sternberg) Tore 1:0 Xabi Alonso (9.), 2:0 Lewandowski (13.), 3:0 Lewandowski (46.), 4:0 Lahm (66.), 5:0 F. Ribéry (73.), 6:0 Lewandowski (77./Foulelfmeter) Zuschauer 75 000 (ausverkauft)