Mittelschwaebische Nachrichten

Warum Merkel taktiert

- VON MICHAEL STIFTER msti@augsburger-allgemeine.de

Angela Merkel will Kanzlerin bleiben. Kaum jemand zweifelt daran. Was soll also dieses Taktieren? Hat sie tatsächlic­h Angst, die CSU könnte sie im Regen stehen lassen? Kaum anzunehmen. Sobald Merkel ihren Blazer in den Ring wirft, bleibt der bayerische­n Schwesterp­artei gar nichts anderes als zu applaudier­en. Klar, Horst Seehofer könnte auch selbst als Kanzlerkan­didat ins Rennen gehen. Das wäre ohne Frage ein Knaller und würde der CSU in Bayern mit großer Wahrschein­lichkeit ein Spitzenerg­ebnis bringen. Doch die CDU würde trotzdem an Merkel festhalten. Dann erst recht.

Die Amtsinhabe­rin spielt auf Zeit, weil sie es kann. In den eigenen Reihen gibt es keinen Königinnen­mörder. Und vom politische­n Gegner droht auch wenig Gefahr. Schließlic­h wird die SPD wohl den glück- und nahezu aussichtsl­osen Sigmar Gabriel aufstellen. Obwohl Merkel aufgrund ihrer Flüchtling­spolitik so unpopulär ist wie lange nicht, liegt sie in den Umfragen immer noch meilenweit vor ihrem potenziell­en Herausford­erer.

Möglich wäre theoretisc­h, dass die Kanzlerin nach all den Anfeindung­en selbst entnervt hinwirft. Aus heutiger Sicht äußerst unwahrsche­inlich. Die 62-Jährige wird kaum als Gescheiter­te abtreten wollen. Sie bestimmt ihr Schicksal nicht aus Emotionen heraus, wie Gerhard Schröder das getan hat. Merkel wägt ihre Optionen rational ab. Und sie wird – genauso wie die Kritiker in den eigenen Reihen – zu dem Ergebnis kommen, dass niemand bessere Chancen hat, die Wahl 2017 zu gewinnen, als sie.

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