Mittelschwaebische Nachrichten
Warum Merkel taktiert
Angela Merkel will Kanzlerin bleiben. Kaum jemand zweifelt daran. Was soll also dieses Taktieren? Hat sie tatsächlich Angst, die CSU könnte sie im Regen stehen lassen? Kaum anzunehmen. Sobald Merkel ihren Blazer in den Ring wirft, bleibt der bayerischen Schwesterpartei gar nichts anderes als zu applaudieren. Klar, Horst Seehofer könnte auch selbst als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen. Das wäre ohne Frage ein Knaller und würde der CSU in Bayern mit großer Wahrscheinlichkeit ein Spitzenergebnis bringen. Doch die CDU würde trotzdem an Merkel festhalten. Dann erst recht.
Die Amtsinhaberin spielt auf Zeit, weil sie es kann. In den eigenen Reihen gibt es keinen Königinnenmörder. Und vom politischen Gegner droht auch wenig Gefahr. Schließlich wird die SPD wohl den glück- und nahezu aussichtslosen Sigmar Gabriel aufstellen. Obwohl Merkel aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik so unpopulär ist wie lange nicht, liegt sie in den Umfragen immer noch meilenweit vor ihrem potenziellen Herausforderer.
Möglich wäre theoretisch, dass die Kanzlerin nach all den Anfeindungen selbst entnervt hinwirft. Aus heutiger Sicht äußerst unwahrscheinlich. Die 62-Jährige wird kaum als Gescheiterte abtreten wollen. Sie bestimmt ihr Schicksal nicht aus Emotionen heraus, wie Gerhard Schröder das getan hat. Merkel wägt ihre Optionen rational ab. Und sie wird – genauso wie die Kritiker in den eigenen Reihen – zu dem Ergebnis kommen, dass niemand bessere Chancen hat, die Wahl 2017 zu gewinnen, als sie.