Mittelschwaebische Nachrichten
Flüchtlingsgipfel will Grenzen besser schützen
Balkanroute noch mit Lücken. Merkel für weitere Abkommen mit Drittstaaten
Wien Im Kampf gegen illegale Migration wollen die Staaten auf der Balkanroute auch mit Unterstützung der EU letzte Lücken beim Grenzschutz schließen. Dies wurde bei einem Flüchtlingsgipfel von elf Staaten am Samstag in Wien deutlich. Trotz der Grenzzäune und -kontrollen seien in diesem Jahr rund 50000 Menschen über diesen Weg nach Deutschland und 18000 nach Österreich gekommen, sagte Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) nach dem Treffen. „Wir müssen die Kontrolle über unsere Außengrenzen wiedergewinnen, wir müssen diejenigen sein, die entscheiden, wer nach Europa kommt, nicht die Schmuggler“, meinte Kern.
Dabei könnte die europäische Grenzschutzagentur Frontex eine noch wichtigere Rolle spielen. Griechenland hat nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen entsprechenden Hilfsantrag zum Frontex-Einsatz an der griechisch-mazedonischen Grenze gestellt. Zur weiteren Unterstützung Athens sei zudem „sehr konkret“darüber gesprochen worden, „wie wir Griechenland noch besser mit europäischen Beamten helfen können“. Dazu gehöre auch der Ausbau einer europäischen Grenzund Küstenschutzwache. Darüber hinaus sollen die Bemühungen um Rückführungsabkommen mit Staaten wie Ägypten, Niger, Mali, Senegal und auch Pakistan und Afghanistan verstärkt werden.
Merkel kündigte an, in Zukunft mehrere hundert Flüchtlinge mit Bleiberecht aus Griechenland und Italien in Deutschland aufzunehmen. Nach einem Bericht der Welt am Sonntag sollen vor allem Familien zusammengeführt werden, die auf der Flucht auseinandergerissen wurden. Die EU-Staaten hatten vereinbart, 160000 Flüchtlinge vor allem aus Italien und Griechenland umzuverteilen, doch ist bisher wenig geschehen. Merkel betonte, bisher sei der Mechanismus zu langsam, die Sache müsse beschleunigt werden. Sonst werde der Druck an der bulgarisch-griechischen Grenze nochmals zunehmen.
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach sich dafür aus, Menschen mit Anspruch auf Asyl „solidarisch auf die anderen EU-Staaten“zu verteilen. In einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung betonte Herrmann auch, er bestehe nicht auf den Begriff „Obergrenze“. Dennoch dürften nicht mehr als 200 000 Flüchtlinge im Jahr nach Deutschland kommen.
Ungarns rechtskonservativer Regierungschef Viktor Orbán kann sich gar die Einrichtung eines „gigantischen Flüchtlingslagers“an Libyens Küste vorstellen. Er zeigte sich erneut äußerst skeptisch, dass Griechenland in der Lage ist, die EU-Außengrenze wirksam zu schützen. Sollte dies bis zum Jahresende nicht gelingen, sei eine „neue Verteidigungslinie für Europa“erforderlich, sagte Orbán. Das gelte insbesondere dann, wenn der Flüchtlingspakt mit der Türkei scheitere. Die von Merkel geforderte Umverteilung von Flüchtlingen auf die EU-Staaten lehnt er weiter vehement ab. „Ungarn trägt mit dem Grenzschutz zur Solidarität bei“, sagte Orbán. Ungarn war das erste Land auf der Balkanroute, das seine Grenzen mit einem Stacheldrahtzaun abriegelte.
Während die EU die Schließung der Balkanroute zunächst äußerst skeptisch gesehen hatte, bekannte sich EU-Ratspräsident Donald Tusk auf dem Gipfel eindeutig zu dieser Grenzsicherung. „Wir müssen praktisch und politisch sicherstellen, dass die westliche Balkanroute für illegale Migration für immer geschlossen ist.“(AZ, msb, dpa, afp) »Kommentar und Politik
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