Mittelschwaebische Nachrichten

Zurück in die 50er? Trumps Klimakurs führt ins Nirgendwo

Der US-Präsident plant eine Renaissanc­e der Kohle. Dafür gefährdet er mutwillig das Weltklima. Wer will eigentlich noch schmutzige­n Brennstoff?

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allfemeine.de

Wieder einmal hat Donald Trump seine gezackte Unterschri­ft unter ein Dekret gesetzt. Zuvor fragte er die Bergleute, die er um sich versammelt hatte, ob sie wüssten, welche Folgen der Akt haben würde. Als diese betreten schauten, klärte er sie auf: Jetzt würden neue Jobs in der Kohleindus­trie entstehen. Vorwärts zurück in die 50er Jahre – das ist es, was Trump in der Energieund Klimapolit­ik vorschwebt. Der US-Präsident hat per Dekret einige von seinem Vorgänger Barack Obama mangels Parlaments­mehrheit ebenfalls per Dekret errichtete Schranken für die Energiewir­tschaft niedergeri­ssen. Die Umweltbehö­rde wird angewiesen, Obamas „Clean Power Plan“zur Reduzierun­g des Kohlendiox­id-Ausstoßes durch Kraftwerke zu „überdenken“, also am besten aufzuheben.

Der Populist im Weißen Haus erfüllt mit dem Schwenk zurück ein Wahlverspr­echen. Trump hat wiederholt der These widersproc­hen, dass menschlich­e Aktivität die Klimaerwär­mung verursacht hat und weiter antreibt. Er befindet sich damit im Widerspruc­h zur herrschend­en wissenscha­ftlichen Meinung, aber er weiß eine äußerst schlagkräf­tige Minderheit von Klimaskept­ikern an seiner Seite. Diese werden in den USA massiv von der Kohle- und Ölindustri­e unterstütz­t und haben dort mehr Einfluss auf die öffentlich­e Meinung als beispielsw­eise in Europa.

Trump steht in schlechter klimaskept­ischer Tradition. Er ist nicht der erste Präsident, der die Uhr zurückdreh­t. Bereits 2001 hatte George W. Bush den Ausstieg aus dem ersten internatio­nalen Klimaschut­zabkommen, dem Kyoto-Protokoll, verkündet. Der Aufschrei war seinerzeit groß, denn die USA waren damals der mit Abstand größte Produzent des klimaschäd­lichen Gases Kohlendiox­id (CO2), das bei allen Verbrennun­gsvorgänge­n frei wird.

Doch inzwischen sind die Vereinigte­n Staaten nur noch die Nummer zwei. China emittiert heute mehr CO2 als die USA – auch wenn der Ausstoß pro Kopf geringer ist. Unabhängig davon ist Trumps neues Dekret – sofern es denn unveränder­t in Kraft treten wird – schädlich für den Klimaschut­z. Auch wenn die USA bisher nicht aus dem Vertrag von Paris ausgestieg­en sind, nennenswer­te Beiträge zur CO2-Reduktion sind in der Regierungs­zeit dieses Präsidente­n nicht mehr zu erwarten. Mit der Absage an eine CO2-Minderungs­strategie riskieren die USA mutwillig, dass auf dem Globus mehr Stürme, Überschwem­mungen und Dürren auftreten. Das schlechte Beispiel könnte überdies auf andere Staaten abfärben.

In den USA selbst wird Trumps Energiewen­de die Kohle kaum zu neuer Blüte bringen. Das Land ist energieaut­ark, seit die Ölgewinnun­g durch Fracking im großen Stil eingeführt wurde. Auch das Erdgas und die Stromprodu­ktion durch erneuerbar­e Energien haben sich Marktantei­le erobert. Ob die schmutzige Kohle in dem neuen Umfeld wieder zu alter Stärke finden wird, ist fraglich. Die Kumpel, die Trumps Zeremonie beiwohnten, werden kaum erleben, dass diese Politik rasch Früchte trägt.

Andere Industries­taaten wie Deutschlan­d sollten sich von Trump nicht beeindruck­en lassen und auf Klimaschut­zkurs bleiben. Wer CO2 mindert, steht auf der richtigen Seite. Auch wenn niemand weiß, wie gutmütig oder bösartig das Weltklima auf die andauernde Belastung reagiert: Die Flinte ins Korn werfen sollten wir nicht.

Sicher ist ohnehin: Industriep­rodukte, die wenig Energie verbrauche­n und darüber hinaus Schadstoff­e vermeiden, sind auf den Weltmärkte­n im Vorteil. Sie müssen nicht einmal jene Schutzzöll­e fürchten, die Trump möglicherw­eise demnächst einführen will.

Fracking-Öl und Erdgas haben ihren Platz erobert

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