Mittelschwaebische Nachrichten

Was kommt beim Diesel Gipfel raus?

Politik und Autoindust­rie beraten heute, wie Millionen von Selbstzünd­er-Motoren sauberer gemacht werden können und wer dafür bezahlen soll

- VON BERNHARD JUNGINGER sts@augsburger allgemeine.de

Berlin Die deutsche Autoindust­rie steht mächtig unter Druck. Heute treffen sich Vertreter von Politik und Industrie zum „Diesel-Gipfel“, um über die Konsequenz­en aus der Diesel-Affäre zu beraten. Wie sollen die Millionen betroffene­r Autos sauberer gemacht werden? Und wer zahlt dafür? Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Wer nimmt am Diesel-Gipfel teil?

Gastgeber sind Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) und Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD). Erwartet werden auch Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries (SPD) und Forschungs­ministerin Johanna Wanka (CDU), ein Vertreter des Bundeskanz­leramts sowie die Ministerpr­äsidenten von neun Bundesländ­ern. Für die Autoindust­rie sitzen die Firmen Volkswagen, Mercedes, BMW, Ford und Opel und ihre Interessen­verbände am Tisch.

Was fordert die Bundesregi­erung?

Ulrich Lange (Nördlingen), der verkehrspo­litische Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag, sagt: „Wir erwarten von der Autoindust­rie, dass sie endlich ihrer Verantwort­ung gerecht wird und Angebote vorlegt, wie man die Einhaltung der Abgasgrenz­werte erreichen kann.“Die Regierung, so wurde gestern bekannt, werde nicht akzeptiere­n, dass die angestrebt­en Abgas-Nachrüstun­gen den Autobesitz­ern Nachteile bringen.

Bleibt es dann bei reinen SoftwareUp­dates?

Erwartet, aber zunächst nicht verbindlic­h gefordert werden von der Bundesregi­erung offenbar auch „wirtschaft­lich vertretbar­e“Maßnahmen, die über Software-Nachrüstun­gen hinausgehe­n. Etwa neue technische Systeme zur Abgasreini­gung. Dafür sollen die Hersteller Konzepte entwickeln. Bis Oktober haben die Unternehme­n zudem Zeit, ein Konzept für realitätsn­ähere Abgastests vorzulegen. Deutsche Städte mit besonders hoher Luftversch­mutzung können auf neue finanziell­e Hilfen hoffen. Beim Dieselgipf­el soll nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur die Einrichtun­g eines von Dobrindt ins Gespräch gebrachten Fonds beschlosse­n werden, den Autobauer und Politik gemeinsam finanziere­n. Für alle 28 Regionen in Deutschlan­d, in denen die Belastung der Luft mit Stickoxide­n besonders hoch ist, soll ein eigener Plan für vernetzten Verkehr entwickelt werden. In dem Entwurf einer gemeinsame­n Erklärung von Bund und Ländern für das Spitzentre­ffen mit der Autobranch­e ist der Umfang des geplanten Fördertopf­s noch nicht benannt. Dobrindt hatte von einem Volumen in dreistelli­ger Millionenh­öhe gesprochen.

Was bieten die Autoherste­ller an?

Die Unternehme­n halten bislang reine Software-Updates, also die vergleichs­weise günstige Aktualisie­rung der Steuerprog­ramme für die Abgasreini­gung, für ausreichen­d.

Welche Druckmitte­l hat die Politik gegenüber der Industrie?

Verkehrsmi­nister Dobrindt hat mit einem Zulassungs­verbot für eine bestimmte Diesel-Ausführung des Porsche Cayenne bereits seine Muskeln spielen lassen. Gleichzeit­ig sind sogar neue Fördermaßn­ahmen im Gespräch, etwa steuerfina­nzierte Kaufanreiz­e für saubere Wagen, wie sie etwa Horst Seehofer, Ministerpr­äsident von Bayern, der Heimat von Audi und BMW, oder sein niedersäch­sischer Amtskolleg­e Stephan Weil anregen. Doch beim DieselGipf­el sollen solche staatliche­n Anreize offenbar nicht vereinbart werden, wurde gestern bekannt.

Wie wichtig ist die Autoindust­rie?

Die deutsche Autobranch­e bietet rund 800000 Menschen einen Arbeitspla­tz, sie bestreitet ein Fünftel der deutschen Exporte. Deshalb steckt die Bundesregi­erung in einem Dilemma. So verschnupf­t die Politik sich angesichts des Diesel-Skandals und der jüngsten Kartell-Vorwürfe zeigt – abstrafen und gegenüber der ausländisc­hen Konkurrenz schwächen will die Regierung die Branche sicher nicht.

Wie ist die Position der Wirtschaft­sverbände?

Zu viele Einschränk­ungen für die Diesel-Technik könnten nicht nur der Autoindust­rie, sondern dem Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d insgesamt schaden, befürchten Vertreter der Wirtschaft­sorganisat­ionen. Wolfgang Steiger, Generalsek­retär des Wirtschaft­srates der CDU: „Ohne den kostengüns­tigen wie klimafreun­dlicheren Dieselantr­ieb würde die gesamte LogistikLi­eferkette in Deutschlan­d beschädigt.“Dazu hätten noch Millionen Pendler enorme Mehrkosten.

Was sagen die Umweltverb­ände?

Laut Greenpeace sind seit Bekanntwer­den des Diesel-Skandals fast 20 000 vorzeitige Todesfälle durch Stickoxide zu beklagen. Die Deutsche Umwelthilf­e hält die geplanten Software-Updates für weder ausreichen­d noch rechtens.

Wie verflochte­n sind Politik und Autoindust­rie wirklich?

Zumindest scheinen lukrative Posten in der Autobranch­e bei Ex-Politikern sehr beliebt zu sein. Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobili­ndustrie, war von 1993 bis 1998 Bundesverk­ehrsminist­er, Daimler-Cheflobbyi­st Eckart von Klaeden von 2009 bis 2013 Staatsmini­ster im Kanzleramt und VW-Cheflobbyi­st Thomas Steg war von 2002 bis 2009 Vize-Regierungs­sprecher. (mit dpa)

Bei so viel Blau wäre längst Skepsis angebracht gewesen. Denn deutsche Auto-Hersteller haben zum großen Farbtrick gegriffen, um mit aller Macht Diesel-Fahrzeuge anzupreise­n. Ja, sie wollten uns weismachen, die Motoren seien „clean“, also sauber. Dabei scheuten die Konzerne vor psychologi­scher Manipulati­on nicht zurück: Sie haben das Blaue vom Himmel gelogen, um den Diesel reinzuwasc­hen. Sowohl Daimler als auch Volkswagen klebten Modellen der Stickoxid-Schleudern den verharmlos­enden englischen Namenszusa­tz „Blue“an, ob Bluetec oder Bluemotion. Blau, dachte sich sicher mancher Kunde, muss etwas Gutes sein. Schließlic­h steht die Farbe für Klarheit und Reinheit, eben den Himmel und die Weite.

Also unbegrenzt­e Fahrfreude­n mit den Clean Diesels aus Stuttgart und Wolfsburg! Doch, was vielen

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 ?? Foto: Fotolia ?? Beim heutigen Diesel Gipfel wird es auch darum gehen, wie die Gesundheit der Men schen geschützt werden kann. Abgase können gefährlich sein.
Foto: Fotolia Beim heutigen Diesel Gipfel wird es auch darum gehen, wie die Gesundheit der Men schen geschützt werden kann. Abgase können gefährlich sein.

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