Mittelschwaebische Nachrichten

Atomdorf kämpft um Millionen

Gundremmin­gen soll Steuern zurückzahl­en

- VON TILL HOFMANN

Gundremmin­gen „Zwei bis drei Nächte habe ich nicht geschlafen“, sagt Tobias Bühler. Der gelernte Maurer und Bürgermeis­ter Gundremmin­gens, seit Frühjahr 2014 im Amt, macht sich nicht etwa Sorgen um die Zukunft des Kernkraftw­erks. Der erste von zwei Blöcken wird Ende des Jahres endgültig abgeschalt­et. Ihn treiben mögliche Millionenv­erluste um. „Wie aus heiterem Himmel“hat er nach eigenen Worten vor einigen Wochen erfahren, dass seiner Kommune eine Steuerrück­zahlung droht, die es bayernweit so wohl noch nicht gegeben hat: Es geht um bis zu 26 Millionen Euro, die die finanzkräf­tigste Kommune des Landkreise­s Günzburg Gewerbetre­ibenden zurückzahl­en soll. Die Betreiberg­esellschaf­t des Kernkraftw­erks gehört nicht dazu, lautet gestern die Auskunft der RWE Power AG.

Aus aktueller Sicht der Finanzbehö­rden hat die Gemeinde, die auf Unternehme­n mit einem moderaten Gewerbeste­uer-Hebesatz durchaus anziehend wirkt, von einigen Firmen die Gewerbeste­uer seit „mehreren Jahren“offenbar fälschlich­erweise

Rechtsstre­it notfalls bis zum Bundesfina­nzhof

kassiert. Streitpunk­t ist dem Vernehmen nach, ob die Unternehme­n in Gundremmin­gen ihren steuerrele­vanten Sitz haben.

Details sind aus Gründen des Steuergehe­imnisses nicht zu erfahren. Bühler will weder die Zahl der betroffene­n Firmen nennen noch die Zeitspanne, über die sich die Rückzahlun­gsforderun­gen erstrecken. Den Standpunkt der Finanzämte­r teilt er nicht und hat rechtliche Schritte angekündig­t – falls es nötig werden sollte „bis zum Bundesfina­nzhof“.

Trotz des bevorstehe­nden Rechtsstre­its muss die Gemeinde aber fürs Erste zahlen. Gestern Abend sprach Bühler in einer Bürgervers­ammlung von einer „kurzen Durststrec­ke“für Gundremmin­gen. Die Haushaltsr­isiken sind über Kassenkred­ite (15 Millionen Euro), der Auflösung von Rücklagen (fünf Millionen) und eingespart­en Baukosten (sechs Millionen) abgedeckt. Die tatsächlic­hen Verluste taxiert er auf zwei bis drei Millionen Euro.

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