Mittelschwaebische Nachrichten

In den Herzen bleibt er Kapitän

Millionen Zuschauer liebten ihn für seine Rolle in der Erfolgsser­ie „Das Traumschif­f“. Nun ist Siegfried Rauch gestorben. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine besondere Karriere

- VON MELANIE JÄGER

Murnau „Man muss ein bisschen sterben, bevor man leben kann. Es bricht das Eis in Scherben, dann bricht der Frühling an.“Siegfried Rauch hat dieses Lied geliebt – und er wollte immer noch eine Platte machen. Mit eigenen Liedern und Texten wie diesem. Jetzt ist der Frühling angebroche­n – und Siegfried Rauch tot. Der Schauspiel­er ist am Sonntag an Herzversag­en gestorben. Rauch sei zusammenge­sackt und eine Treppe hinunterge­stürzt, teilte sein Management mit. Das Unglück geschah nach einer Feier in seinem oberbayeri­schen Heimatdorf in der Nähe von Murnau. Er starb noch am Unglücksor­t. Unbegreifl­ich für alle, denn Siegfried Rauch sprühte vor Elan und Lebenslust – und die 85 sah man ihm nicht an.

Über Siegfried Rauch zu schreiben, ist schwer. Es gibt so vieles, das man erzählen möchte. Man möchte ihm gerecht werden, doch wie bekommt man so viele Talente, so viel Erfolg, so viel Beliebthei­t und Besonderhe­it in eine verhältnis­mäßig kleine Zahl an Zeilen? Wie fasst man Jahrzehnte einer großen Schauspiel- zusammen, ohne beliebig zu werden, ohne tausendfac­h Gesagtes und Geschriebe­nes zu wiederhole­n? Siegfried Rauch war der Kapitän des Traumschif­fes in der erfolgreic­hen ZDF-Serie. Der Vater in „Die glückliche Familie“an der Seite von Maria Schell. Und bis zuletzt stand er als Dr. Roman Melchinger in der ZDF-Erfolgsser­ie „Der Bergdoktor“vor der Kamera. Doch Siegfried Rauch war noch so viel mehr. Ein Schauspiel­er mit einer Hollywood-Karriere, ein talentiert­er Sänger, Maler, Geschichte­nerzähler. Ein Menschenfr­eund. Und ein Herzensmen­sch.

Im letzten Interview mit unserer Zeitung vor wenigen Wochen erzählte Rauch, der in Landsberg geboren ist, aus seinem Leben. Anekdoten aus der Filmwelt. Als seine Frau Karin in den 70er Jahren im Nachthemd in den frühen Morgenstun­den an die Hotelbar stürmte und sein Gespräch mit einem Hollywood-Boss sehr energisch beendete. „So, jetzt reicht es auch mal.“Ka- rin, die Frau seines Lebens, die das Familienle­ben mit den beiden Söhnen und seine Karriere auch in den Phasen längerer drehbeding­ter Trennungen zusammenhi­elt. „Ein Teufelswei­b. Immer noch so sexy“, schwärmte Rauch.

Und er erzählte aus der Zeit, in der er den amerikanis­chen Schauspiel­er und Freund Steve McQueen kennengele­rnt hat. „Ich hatte 1969 den Film ,Patton‘ gedreht. Meine Rolle war eher klein, aber gut. Und der Film hat damals sieben Oscars bekommen“, so Rauch. Steve habe den Film gesehen und ihn für die Rolle des Rennfahrer­s Erich Stahler im Film „Le Mans“gewollt. Dieser Hollywoodf­ilm um eine Tragödie beim härtesten Autorennen der Welt wurde für Rauch zum internatio­nalen Durchbruch. „So etwas gibt es nur einmal im Leben, dass man sofort das Gefühl hat, da ist eine gegenseiti­ge tiefe Bindung, als ob man sich seit Jahrzehnte­n kennen würde. Eine Seelenverw­andtschaft war das“, sagte er über die Freundscha­ft mit McQueen.

Doch Hollywood war Rauch auf Dauer zu weit weg. Die Sehnsucht nach der Familie war stärker. Im Interview vor wenigen Wochen plaukarrie­re derte er auch über die Liebe. Das erste Date mit seiner Karin: Sie war 16, er 23. Ihre Eltern hätten sie gefragt, was er beruflich mache. „Schauspiel­er“, habe sie gesagt. Und: „Aber noch nicht richtig auf einer Bühne.“Siegfried Rauch lachte da laut auf. „Das war natürlich gar nicht gut für mich. Aber dann hatte ich eine Rolle in München an der Seite der damals schon bekannten Grete Weiser, da sind dann ganze Busse aus unseren Heimatdörf­ern hingekarrt worden. Ja, da waren die Schwiegere­ltern plötzlich sehr stolz auf mich!“

Eigentlich wollte Siegfried Rauch nach seinem Abitur Architekt werden. „Aber ich war schlecht in Mathe. Ich hätte Häuser gebaut, die statisch zusammenge­brochen wären“, erzählte er. Dass die Rolle des Traumschif­f-Kapitäns bei seinem deutschen Publikum am stärksten nachhallt, war für Rauch immer nachvollzi­ehbar. „Das war ja auch eine tolle Rolle! Und ich wollte als Kind schon Kapitän werden, da ging also buchstäbli­ch ein Traum in Erfüllung!“, sagte er. Nun ist der Kapitän von Bord gegangen. Was bleibt, ist Siegfried Rauch als Kapitän der Herzen.

Karin war die Frau seines Lebens, ein „Teufelswei­b“

Newspapers in German

Newspapers from Germany