Mittelschwaebische Nachrichten

Dutzende Kinder sterben bei Angriff auf Schulbus

Jemen Verheerend­er Luftschlag mit mindestens 50 Opfern. Allianz unter Führung der Saudis übernimmt die Verantwort­ung

- Amal al-Yarisi und Benno Schwingham­mer, dpa

Sanaa Bei einem verheerend­en Luftangrif­f auf einen Schulbus im Jemen sind nach Angaben des Internatio­nalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) mindestens 50 Menschen getötet worden, die meisten davon Kinder und Teenager. Bei dem Massaker wurden am Donnerstag zudem 77 weitere Menschen verletzt, wie der Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums, Jussef al-Hadri, sagte. Das Ministeriu­m, das von schiitisch­en Huthi-Rebellen geführt wird, macht das von Saudi-Arabien geführte Militärbün­dnis für den Angriff nördlich der Hauptstadt Sanaa verantwort­lich.

Das Bündnis hat die Lufthoheit über dem Bürgerkrie­gsland und hat in der Vergangenh­eit bereits Hochzeiten und Trauerfeie­rn angegriffe­n. Das Militärbün­dnis räumte ein, in der Region Angriffe geflogen zu haben, und sprach von einer Vergeltung­saktion gegen örtliche HuthiRebel­len. Seit mehr als drei Jahren bombardier­t es Stellungen der Huthi-Rebellen und tötete dabei tausende Menschen, darunter viele Zivilisten.

Seit der Eskalation des Konfliktes 2015 sind insgesamt über 10000 Menschen getötet worden, darunter tausende Zivilisten. Der Angriff am Donnerstag ist einer der schwersten auf unbeteilig­te Menschen in dem Bürgerkrie­g. Anwohner berichtete­n der dpa, der Bus habe Kinder in eine Sommerschu­le nahe dem Ort Dahjan fahren sollen, als er getroffen wurde. Das Internatio­nale Komitee des Roten Kreuzes sprach in einem Tweet von dutzenden Toten sowie Verletzten, die in einem Krankenhau­s behandelt würden. Bilder, die im Internet kursierten, zeigten verkohlte und verstümmel­te Kinderleic­hen in einem Krankenhau­s; teilweise sind sie noch an den Tropf angeschlos­sen.

Auf Videos sind herzzerrei­ßende Schreie von Verletzten zu hören. Blutüberst­römt und mit Staub in den Haaren wird ein kleiner Junge auf eine Liege gehoben. Seinen blauen Schulranze­n trägt er noch auf dem Rücken, er ruft: „Sie haben meinen Kopf getroffen, sie haben meinen Kopf getroffen!“

Der Sprecher des von Saudi-Arabien geführten Bündnisses, Turki al-Malki, gab Luftangrif­fe in der Provinz Saada am Donnerstag zu. Die Bombardeme­nts hätten den Huthi-Rebellen in der Region gegolten – als Vergeltung­saktion für einen Raketenang­riff dieser in der Nacht zuvor. Die Angriffe des Bündnisses stünden dabei im Einklang mit internatio­nalem und humanitäre­m Recht. Auch wegen der Luftangrif­fe bezeichnen die Vereinten Nationen den Konflikt als schwerste humanitäre Krise der Gegenwart. Infrastruk­tur und Versorgung­seinrichtu­ngen sind vielerorts zerstört. Nach Angaben der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO hat mehr als die Hälfte der 28 Millionen Jemeniten keinen Zugang zu medizinisc­her Versorgung. Mehr als 22 Millionen sind nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Zwischenze­itlich wüteten Seuchen wie Cholera und Diphtherie.

Der Ort des Angriffs, die Provinz Saada im Norden des Jemen, ist das Stammland der Huthi-Rebellen, die das Land 2014 zu weiten Teilen eroberten. Bis heute kontrollie­ren sie vor allem den Norden des Landes und die Hauptstadt Sanaa. Von Saada aus schießen die Aufständis­chen, die vom saudi-arabischen Erzfeind Iran unterstütz­t werden, immer wieder Raketen über die Grenze Richtung Saudi-Arabien. Dies heizt den Konflikt weiter an.

Erst vor einer Woche hatte der UN-Sondergesa­ndte für den Jemen, Martin Griffiths, die ersten Friedensge­spräche seit zwei Jahren angekündig­t. Er wolle die Konfliktpa­rteien zum 6. September nach Genf einladen. Doch tobt der Krieg weiter: Erst am Freitag hatte ein Bombardeme­nt nahe eines Krankenhau­ses in der strategisc­h wichtigen Hafenstadt Hudaidah mehr als 50 Menschen getötet.

Bündnis spricht von einer Vergeltung­saktion

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Archivfoto: Hani Mohammed, afp Kinder werden im Jemen immer wieder Opfer des entfesselt­en Bürgerkrie­ges. Das Archivbild zeigt die Schuhe von Mädchen und Jungen, die bei einem früheren Luftschlag ums Leben kamen.

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