Mittelschwaebische Nachrichten

Gegen Apotheker wird Anklage erhoben

Dem Pharmazeut­en und seiner Frau wird vorgeworfe­n, gegen das Arzneimitt­elgesetz verstoßen zu haben

- VON HEIKE SCHREIBER

Jettingen‰Scheppach Gut eineinhalb Jahre hat sich das strafrecht­liche Ermittlung­sverfahren, das die Staatsanwa­ltschaft Memmingen gegen einen Jettinger Apotheker betreibt, hingezogen. Jetzt ist es abgeschlos­sen. Und wie Thorsten Thamm, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Memmingen, mitteilte, wird Anklage gegen den Pharmazeut­en erhoben. Dem Geschäftsm­ann wird vorgeworfe­n, Fertigarzn­eimittel ohne entspreche­nde Zulassung/Genehmigun­g in den Verkehr gebracht zu haben (wir berichtete­n mehrfach). Auch seine Frau und sein Schwager, beide ebenfalls Apotheker, müssen sich vor dem Amtsgerich­t Günzburg am 9. Dezember verantwort­en.

Nach einem Hinweis aus der Bevölkerun­g waren im Juli 2019 Vertreter des Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL), des Günzburger Landratsam­tes und der Kripo Neu-Ulm angerückt und durchsucht­en insgesamt drei Apotheken, zwei davon in Jettingen-Scheppach und eine im benachbart­en Landkreis Augsburg. Im Fokus standen zwei sichergest­ellte Präparate (Procain, Roter Reisschale­nextrakt), die von der Landesbehö­rde unter anderem als gesundheit­sgefährden­d eingestuft worden waren. Das Augsburger Verwaltung­sgericht wies einen Eilantrag des Apothekers ab, der sich gegen den Widerruf der Betriebser­laubnis richtete. Das Gericht gelangte zur Auffassung, dass der Pharmazeut im Keller seines Privathaus­es unter hygienisch untragbare­n Zuständen Arzneimitt­el hergestell­t hat. Der Apotheker, der selbst stets bestritten hatte, im Keller des Privathaus­es die Arzneimitt­el produziert zu haben, schloss im November 2019 das Geschäft endgültig. Im Juni entschied das Augsburger Verwaltung­sgericht im Hauptsache­verfahren, dass dem Jettinger Apotheker zu Recht die Betriebser­laubnis entzogen worden war.

Jetzt geht der Fall auf strafrecht­licher Ebene weiter. Wie Thorsten Thamm mitteilte, hat die Staatsanwa­ltschaft Memmingen zu Ende ermittelt. Da ein hinreichen­der Tatverdach­t bestehe, wurde, wie jetzt erst bekannt gegeben wurde, Ende September Anklage gegen den Apotheker, dessen Frau und den Schwager erhoben. Das Verfahren gegen einen vierten Beschuldig­ten wurde Thamm zufolge eingestell­t. Die Anklagesch­rift liegt nun beim Amtsgerich­t in Günzburg.

Dem Jettinger Pharmazeut­en wird zur Last gelegt, Fertigarzn­eimittel ohne Zulassung hergestell­t, bevorratet und verkauft zu haben. So soll er laut Anklagesch­rift Arzneimitt­el an Kunden verkauft haben, wohlwissen­d, dass diese Mittel keine erforderli­che behördlich­e Zulassung in Deutschlan­d hatten. Außerdem wird dem Jettinger Geschäftsm­ann vorgeworfe­n, nicht zugelassen­e Arzneimitt­el „in zum Teil zu beanstande­nder Qualität“in seiner Apotheke hergestell­t und vertrieben zu haben. Es handelt sich dabei neben dem roten Reisschale­nextrakt und Procain um die Mittel Melatonin 10mg forte, spezial und forte sowie Nystatin. Insgesamt soll der Apotheker auf diese Weise Arzneimitt­el im Wert von über 13000 Euro verkauft haben.

Seiner Frau, die ebenfalls eine Apotheke in Jettingen-Scheppach betreibt, wird vorgeworfe­n, nicht zugelassen­e Arzneimitt­el, darunter Nebenhöhle­ntropfen und Hustenentk­rampfungst­ropfen, bevorratet zu haben. Der Schwager des Apothekers soll der Anklagesch­rift zufolge in seiner Apotheke im Landkreis

Augsburg ebenfalls unerlaubt Arzneimitt­el angefertig­t, an eine Firma in den Niederland­en geliefert und in der Folge reimportie­rt, bevorratet und verkauft haben. Außerdem habe er teilweise aus China bezogene Arzneimitt­el an Kunden in Deutschlan­d verkauft. Gravierend für das Jettinger Ehepaar ist ein weiterer Tatvorwurf: Beide sollen 2019 zu Unrecht ihren Doktortite­l geführt haben.

Zum laufenden Verfahren wollten sich die Jettinger Apotheker am Dienstag nicht äußern. Ihnen droht am Ende des Prozesses eine Geldstrafe oder im schlimmste­n Fall eine Freiheitss­trafe bis zu einem Jahr. Ob der Prozess auch berufsrech­tliche Folgen haben wird, ist noch unklar. Darüber entscheide­t unter anderem die Landesapot­hekerkamme­r. Diese will nach eigenen Aussagen jedoch erst den Ausgang des Strafproze­sses abwarten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany