Mittelschwaebische Nachrichten
Sie lieben ihn und sie hassen ihn
Warum Donald Trump als Ikone in Amerikas Popkultur eingehen wird – so oder so
Der für seine Dokumentationen berühmte US-Fernsehsender CBS steht gewöhnlich auf der Liste der Medien, die von Donald Trump als „Fake News“, als „Lügenpresse“beschimpft werden. Und dennoch zählt der Sender zu den großen Profiteuren der Ära Trump. „Es mag nicht gut für Amerika sein, aber es ist verdammt gut für CBS“, sagte Ex-Chef Leslie Moonves einige Monate nach Trumps Sieg über die stark steigenden Einschaltquoten. „Das Geld prasselt nur so herein.“
Auch die New York Times steigerte seit Trumps Amtsantritt die Zahl ihrer digitalen Abonnements um mehr als das Dreifache auf 5,7 Millionen und verdiente damit hunderte Millionen Dollar. Und die einst kriselnde Washington Post, die Buch über mehr als 20 000 halbe und ganze Lügen des Präsidenten führt, schreibt dank des riesigen Leseinteresses wieder Gewinn. Keine Frage, die Medien dürften Donald Trump vermissen, verlöre er die Wahl, selbst wenn er dann noch ewig weiter twittern würde.
Trump hat aus der realen Politik eine halbfiktive Show aus „alternativen Fakten“gemacht, wie seine Kommunikationsberaterin Kellyanne Conway für jedermann offensichtliche Lügen des Weißen Hauses beschönigte. Dem Reiz der TrumpShow erliegen aber nicht nur die Anhänger des sich hemmungslos nationalistischer Propaganda bedienenden Selfmade-Populisten, sondern – Einschaltquoten und Abozahlen belegen es – auch seine Gegner. Denn Trump ist ein Popstar, der exakt den Zeitgeist der modernen Unterhaltungsindustrie trifft, denn er entspricht perfekt dem aktuell erfolgreichsten Strickmuster zahlloser Netflix- und HBO-Serien.
Im Grunde begann es mit der Mutter aller modernen Serien: „The Sopranos“. Statt mit aufrechten Polizisten oder Mafia-Jägern lassen die Serienmacher seitdem das Publikum mit Schurken mitfiebern, die sie in einer zwiespältigen Widersprüchlichkeit als menschlich faszinierend und zugleich Abgrund des Bösen inszenieren. Erfolgsserien von „Breaking Bad“bis „Haus des Geldes“funktionieren alle nach diesem Prinzip ambivalenter Schurken.
Und natürlich „House of Cards“, der Durchbruch-Serie von Netflix, in der Kevin Spacey den allerübelsten US-Politiker spielt, der es bis zum Präsidenten bringt. Doch seit der realen Trump-Ära wirkt das zynisch bitterschwarze „House of Cards“fast wie „Sesamstraße“für politikinteressierte Erwachsene.
Trump bezog seine Medien-Ausbildung in der trashigen Realty-Soap „The Apprentice“(„Der Lehrling“). Dort entfaltete er ein gewaltiges Entertainer-Talent: Statt wie geplant für nur eine Staffel der JobBewerber-Show wurde er für 14 Staffeln angeheuert. Trump wurde so sehr zur Marke, dass er alle Präsidentschaftsbewerber der Republikaner aus dem Rennen warf. Orange Gesichtsfarbe und gelbe Haare sind Kennzeichen der Ikone: Der Künstler Edel Rodriguez verewigte ihn als gesichtsloses Popart-Signet des Bösen auf dutzenden Titelbildern vom Time-Magazin bis zum Spiegel. Spätestens als Karrikatur seiner selbst hat sich Trump als Teil der amerikanischen Popkultur verewigt.