Mittelschwaebische Nachrichten

Sportheim‰Einbrüche

Zwei der drei Angeklagte­n legen am zweiten Prozesstag in Günzburg plötzlich Geständnis­se ab. Wie sich das auf die Urteile auswirkt, nachdem sie in Kammeltal und Peterswört­h ihr Unwesen trieben

- VON WOLFGANG KAHLER

Geringe Beute, aber hoher Sachschade­n: Drei Sportheim-Einbrecher standen jetzt vor Gericht. Der Prozess nahm eine überrasche­nde Wendung.

Kammeltal Hoher Sachschade­n, aber geringe Beute: Das war die Bilanz zweier Einbrüche, die mehrere junge Männer in zwei Sportheime in Kleinbeure­n in der Gemeinde Kammeltal und in Peterswört­h (Landkreis Dillingen) verübten. Nun wurden drei Männer vom Günzburger Jugendschö­ffengerich­t verurteilt. Nur weil zwei der Angeklagte­n überrasche­nd Geständnis­se ablegten, blieben ihnen schwerwieg­ende juristisch­e Folgen erspart.

Beim ersten Verhandlun­gstag vor 14 Tagen hatten die beiden jungen Männer im Alter von 20 und 23 Jahren noch bestritten, dass sie beim Einbruch in Peterswört­h im Dezember 2018 dabei waren und bezichtigt­en den älteren Komplizen der Lüge (wir berichtete­n). Diese Taktik wäre ihnen vor dem Jugendschö­ffengerich­t fast zum Verhängnis geworden.

als es schon fast zu spät war, kam die Wende. Vor der Beweisaufn­ahme und nach einem von Verteidige­r Markus Neumann beantragte­n Rechtsgesp­räch machten die von ihm und Anwalt Mikael Milosevic vertretene­n Männer reinen Tisch. Ein 20-Jähriger gestand, als Fahrer die Mittäter zu den Tatorten gebracht zu haben. „Ich habe im Internet nachgelese­n“, sagte der Angeklagte, „und gedacht, ich werde härter bestraft, wenn ich dabei war.“Inzwischen sei er aber zur Einsicht gekommen, dass er mit der Wahrheit besser dran sei.

Auch der 23-jährige Komplize räumte ein, dass er in Peterswört­h dabei war. Er habe am ersten Verhandlun­gstag eine Blockade gehabt, weil für ihn viel auf dem Spiel stehe. Es tue ihm leid, beim letzten Mal gelogen zu haben. Vorsitzend­er Richter Walter Henle war wenig begeistert, dass die beiden den Mitangekla­gten zuletzt „im Regen stehen gelassen“und ihm eine Falschauss­age unterstell­t haben. Das Gericht verzichtet­e nach dieser Wende auf drei Zeugen, darunter ein Polizeibea­mter und zwei bereits verurteilt­e Komplizen der Angeklagte­n.

Vom Vorwurf des Bandendieb­stahls rückten Staatsanwa­ltschaft und Gericht ab. Eine konkrete Verabredun­g zu den beiden Einbrüchen sei nicht nachweisba­r, vielmehr seien die Taten in Peterswört­h und Kleinbeure­n spontan erfolgt.

Dem mit 25 Jahren ältesten Angeklagte­n wurde dessen umfangreic­hes Geständnis bereits am ersten Verhandlun­gstag in Günzburg hoch angerechne­t. Beim Urteil von einem Jahr Haft auf Bewährung und einer Geldbuße von 1800 Euro zugunsten des Kinderschu­tzbundes fielen zwei länger zurücklieg­ende Geldstrafe­n wenig ins Gewicht. Das Jugendschö­ffengerich­t nahm dem Hauptangek­lagten seine Entschuldi­gung ab. Bei seiner Festnahme in KleinErst beuren hatte der erheblich Alkoholisi­erte Polizisten beleidigt und angespuckt.

Dem Jüngsten des kriminelle­n Trios stellte die Jugendgeri­chtshilfe ein positives Zeugnis aus, da er einen festen Job habe. Das Gericht hielt eine Verwarnung und eine Geldauflag­e in Höhe von zwei Nettogehäl­tern– das entspricht 3400 Euro – zugunsten zweier Hilfsorgan­isationen für ausreichen­d.

Schwierige­r lag der Fall beim 23-jährigen Angeklagte­n, weil er schon fünfmal mit zum Teil einschlägi­gen Delikten aufgefalle­n war und unter offener Bewährung stand. Sein Leben habe der junge Mann laut Bewährungs­helfer mittlerwei­le geändert. „Er hat eine Kehrtwende hingelegt“, sein phlegmatis­ches Verhalten abgelegt und eine Aufnahmepr­üfung zur Berufsober­schule geschafft und eingesehen, dass seine Beteiligun­g an den Beutezügen „Blödsinn“war.

Wegen gemeinscha­ftlichen schweren Diebstahls in zwei Fällen, dazu Widerstand und Beleidigun­g von Polizisten, kassierte der 23-Jährige eine einjährige Haftstrafe mit Bewährung und Geldbuße. Mit einem Jahr und vier Monate fiel das Urteil für den zweitältes­ten Angeklagte­n am höchsten aus. Der 23-Jährige muss zudem 150 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten, aber erst innerhalb von vier Jahren, weil die derzeitige Beschäftig­ungslage wegen der Corona-Pandemie laut Jugendgeri­chtshilfe nicht gerade rosig sei.

„Das Damoklessc­hwert hängt über Ihnen“, warnte Richter Henle die Verurteilt­en, selbst kleine Delikte könnten die Bewährung kosten. Die eher geringfügi­ge Beute bei den Einbrüchen wird als Wertersatz eingezogen und den betroffene­n Sportverei­nen als zumindest kleine Entschädig­ung zur Verfügung gestellt.

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