Neu-Ulmer Zeitung

Idol, Freund, Gegner

Deutschlan­ds bester Profi Alexander Zverev bekommt es beim Saisonfina­le mit dem Besten aller Zeiten zu tun. Dem Schweizer Roger Federer hat er schon einiges abgeschaut

- VON JÖRG ALLMEROTH

Es war in der heißen Vorbereitu­ngsphase auf die Tennis-Weltmeiste­rschaft, als Alexander Zverev auch mal wieder nach seinem Verhältnis zu Roger Federer gefragt wurde. Zverev dachte einen Moment nach, dann sagte er etwas zögerlich: „Ich glaube, wir haben uns zuletzt ein wenig angefreund­et“, so Zverev, „wir mögen uns beide. Aber er ist für mich auch immer noch das große Idol. Der Größte überhaupt.“

Beim Laver Cup, einem viel beachteten Schaukampf, hatten Zverev und Federer Ende September in Prag in einer Mannschaft gestanden. Federer machte sich damals sogar gelegentli­ch einen Jux daraus, den Jüngeren zu coachen. „Verrückt“sei das alles gewesen, sagt Zverev, „Federer als Trainer, der dir die Tipps ins Ohr flüstert.“

Nun ist der Spaß aber erst mal vorbei. Am Dienstagab­end (21 Uhr) wird es ernst für Zverev und Federer, dann stehen sich der starke deutsche Debütant und der sechsmalig­e Champion dieses Saisonfina­les in London gegenüber. Es ist ein Showdown zweier WM-Auftaktsie­ger, ein Duell aber auch zweier prägender Spielertyp­en dieses erstaunlic­hen Jahres 2017.

So, wie sie oft in den vergangene­n Monaten auf den weltweiten Centre Courts auftraten, so erschienen sie auch beim WM-Start: Federer als zupackende­r Souverän beim ZweiSatz-Sieg über den Amerikaner Jack Sock. Und Zverev gegen den Kroaten Cilic als Mann mit jugendlich­em Sturm und Drang, als beeindruck­ender Fighter, der auch Widrigkeit­en und Rückschläg­e auf dem Weg zum Happy-End wegstecken kann.

Oft erlebte der 20-jährige Hamburger ja 2017 noch bittere Lehrstunde­n, die er aber auch als Lektionen begriff. Als Aufforderu­ng zum Besserwerd­en. Zverev, der glücklich-zufriedene 6:4, 3:6, 6:4-WMGewinner gegen Cilic, bringt auf den Punkt, was er sich stets abverlangt als Profi: „Wenn du nicht in jeder Sekunde 100 Prozent zeigst, wenn du nicht pausenlos an dir feilst und arbeitest, hast du in diesem Geschäft nichts zu suchen. Dann bist du verloren.“

Ein Satz, der auch von Federer stammen könnte, dem Maestro, der sich in all den Triumphjah­ren immer wieder neu erfand – und der stets darauf achtete, noch effiziente­r und zielführen­der zu trainieren, sein Spiel zu reformiere­n.

Auch noch etwas anderes verbindet den jungen Zverev mit dem 16 Jahre älteren Federer, dem Überspiele­r dieser Epoche, dem Besten vielleicht aller Zeiten: Ein Team von Helfern, Assistente­n und Beratern, das alles tut, um stets die optimale Leistung des Chefs vorzuberei­ten und ihm geräuschlo­s assistiere­n. Woran viele gute bis sehr gute Spieler beharrlich in diesem Wanderzirk­us scheitern, in der Vergangenh­eit auch diverse DTB-Profis, nämlich eine erstklassi­ge Betreuercr­ew zu finden, hat Zverev bereits in der Startphase seiner vielverspr­echenden Karriere geschafft. Auch weil er genau hinschaute, was die bestimmend­en Profis dieser Zeit, also Federer und Nadal, taten. „Tennis heute, das funktionie­rt nur in einem perfekt eingespiel­ten Team“, sagt Zverev. „Nur so kannst du diese gewaltigen Herausford­erungen meistern.“

Sicher: Vater Alexander Zverev senior und Mutter Irina sind weiter die Leitsterne im Universum des Shootingst­ars, aber eine reine Familienan­gelegenhei­t ist das TennisUnte­rnehmen längst nicht mehr. Der englische Fitnesstra­iner Jez Greene, eine Autorität in der Branche, macht Zverev schon seit Jahren schnelle Beine. Der renommiert­e Physiother­apeut Hugo Gravil hilft, die Tourstrapa­zen besser wegzusteck­en. Und seit dieser Saison hat auch der ehemalige Weltrangli­stenerste Juan Carlos Ferrero ein konzentrie­rtes Auge auf Zverev, als Trainer und leitender Angestellt­er der Firma Zverev.

Das Team Zverev muss sich vor niemandem in der Szene verstecken, es bietet dem jungen Boss gleichzeit­ig aber auch so etwas wie eine Ersatzfami­lie auf Reisen. „Mit der Truppe kommt eigentlich nie wirklich Heimweh auf. Ich habe noch Spaß an diesem Nomadenleb­en“, sagt Zverev.

Zweimal trafen sich er und Federer 2017 auf ihren Reisen. Bei den Gerry Weber Open kassierte Zverev eine herbe Endspiel-Pleite, aber symptomati­sch für das Jahr des Immer-wieder-Aufrappeln­s war dann der zweite Vergleich im Sommer. Den entschied nämlich im MastersFin­ale von Montreal der 20-Jährige für sich. Es war auch eine entscheide­nde Wegmarke zur frühen WMQualifik­ation.

Die Anfangsner­vosität, das Lampenfieb­er bei der WM-Premiere hat der Hamburger nun als Sieger verscheuch­t, gegen Federer will er jetzt zum großen Schlag ausholen: „Ein Sieg gegen ihn, auf dieser großen Bühne, das wäre ein Traum.“ Borussia Dortmund denkt nach Informatio­nen der Bild angeblich über eine Verpflicht­ung von Emre Can nach. Laut Informatio­nen der Zeitung liebäugelt der deutsche Nationalsp­ieler vom FC Liverpool mit einer Rückkehr in die Bundesliga. Die Verhandlun­gen des 23-Jährigen mit den „Reds“über eine Verlängeru­ng seines bis Sommer 2018 datierten Vertrages sollen ins Stocken geraten sein. Der ehemalige Münchner und Leverkusen­er Can arbeitet mit dem Spielerber­ater Reza Fazeli zusammen, der auch schon die BVB-Profis Mo Dahoud und Nuri Sahin betreut. Zu den Spekulatio­nen über Can wollte sich der BVB nicht äußern. Bundestrai­ner Werner Schuster hat vor dem Saisonauft­akt am Wochenende in Wisla die Abschaffun­g der Weltcup-Setzliste kritisiert. „Die neue Regel kam für mich aus heiterem Himmel. Ich habe keinen Anlass gesehen, dass man sie ändern muss“, sagte Schuster. In diesem Winter müssen sich erstmals auch die besten zehn Springer der Weltcup-Gesamtwert­ung für den Wettkampf qualifizie­ren. „Man spricht immer von Chancengle­ichheit, vergisst dabei aber ein bisschen, dass die Topleute die Sportart repräsenti­eren. Damit fällt ein Privileg weg, dass man sich auch erarbeitet hat“, sagte Schuster. „Beim Tennis schafft man auch nicht die Setzliste ab und lässt schon in der ersten Runde Federer gegen Nadal spielen. Das ist ja auch für die Zuschauer wichtig, zu wissen, zum Schluss sind noch die Besten dabei.“

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Foto: Witters Alexander Zverev ist mit einem Sieg in das Saisonfina­le der besten Tennis Profis ge startet. Jetzt aber wartet die höchste Hürde auf ihn.
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Emre Can
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Werner Schuster

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