Neu-Ulmer Zeitung

Stille Örtchen für die Öffentlich­keit

Die ÖDP-Fraktion regt an, dass sich Weißenhorn dem Konzept „nette Toilette“anschließt. Beim Gewerbever­band und im Rathaus hält sich die Begeisteru­ng in Grenzen

- VON JENS NOLL

Auch beim Einkaufen oder beim Bummel durch die Stadt kann es vorkommen, dass Menschen ein dringendes Bedürfnis verspüren. Erleichter­ung im wahrsten Sinne des Wortes kann da eine nahegelege­ne öffentlich­e Toilette bringen. Aus Sicht der ÖDP-Stadtratsf­raktion sollte es in der Weißenhorn­er Innenstadt flächendec­kend frei zugänglich­e Toiletten geben, die sauber, gepflegt und zum Teil bis spät in die Nacht geöffnet sind. Um dieses Ziel mit überschaub­aren finanziell­en Ausgaben zu erreichen, regt die Fraktion an, dass sich die Fuggerstad­t am Konzept „nette Toilette“beteiligt.

Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt der Fraktionsv­orsitzende Ulrich Hoffmann, dass die ÖDP dafür Mitstreite­r sucht, um möglicherw­eise einen fraktionsü­bergreifen­den Antrag an die Stadt zu stellen. Wie berichtet, verspricht sich die ÖDP einen Gewinn für alle Seiten, wenn Passanten entspreche­nd gekennzeic­hnete WCs in Gaststätte­n und Geschäften kostenlos benutzen dürfen und die Betreiber dafür wiederum eine Aufwandsen­tschädigun­g von der Stadt erhalten. Die Stadt müsste keine neuen öffentlich­en Toiletten bauen und unterhalte­n, die Geschäfte und Gastronome­n könnten vielleicht den ein oder anderen neuen Kunden dazugewinn­en. Dies sind Vorteile, die das Konzept der „netten Toilette“auch auf einer eigenen Internetse­ite nennt. Die Idee wurde in Aalen entwickelt, den Angaben zufolge wenden es mehr als 240 Städte in Deutschlan­d an. Mit Neu-Ulm und Illertisse­n gehören auch zwei Städte aus dem Landkreis dazu.

Illertisse­ns Bürgermeis­ter Jürgen Eisen spricht auf Nachfrage von guten Erfahrunge­n mit der „netten Toilette“. Eine solche gebe es im Rathaus und bei mehreren Gastronomi­ebetrieben am Marktplatz. Ein klassische­s WC für die Öffentlich­keit befinde sich nur beim Bahnhof. Grundsätzl­ich würde Eisen es begrüßen, auch am Marktplatz ein stilles Örtchen für alle zu bauen. Doch dieses Vorhaben habe die Stadt vorerst verworfen – zum einen aus Kostengrün­den, zum anderen, weil die Anwohner im Herzen von Illertisse­n keine öffentlich­e Toilette wollen, die die ganze Nacht geöffnet ist, wie der Bürgermeis­ter sagt.

hält auch Weißenhorn­s Rathausche­f Wolfgang Fendt die „nette Toilette“für eine nette Idee. Doch er erinnert daran, warum ein entspreche­nder Vorstoß der ÖDP bereits vor drei Jahren scheiterte: „Die Umsetzung ist schwierig“, sagt Fendt. „Sie müssen Leute finden, die mitmachen. Das war damals sehr zäh.“Zudem entstünden der Stadt auch Kosten, wenn sie das Logo der „netten Toilette“verwenden will. So oder so braucht Weißenhorn aus Sicht des Bürgermeis­ters eine neue öffentlich­e Toilette. „Im Frühjahr wollen wir eine bauen“, sagt er. Die Verwaltung will den Stadträten im Bauausschu­ss dafür drei mögliche Standorte in zentraler Lage vorschlage­n.

Auch bei Katja Blum, der Vorsitzend­en des Gewerbever­bands Weißenhorn, hält sich die Begeisteru­ng für „nette Toiletten“in Grenzen. Für Gespräche mit der ÖDP sei der Verband aber grundsätzl­ich offen, sagt sie. Generell hält Blum das sen auch nicht, welche Klientel sie bekommen.“

Wer ein dringendes Bedürfnis verspüre und als Kunde höflich frage, könne auch schon jetzt das stille Örtchen eines Ladens aufsuchen, sagt die Unternehme­rin. Bei Touristen jedoch löse die „nette Toilette“das Grundprobl­em nicht: „Sie ist nur auf, solange die Lokalität auf hat.“Sonntags zum Beispiel sind die Geschäfte geschlosse­n. „Und auch viele Gastronomi­ebetriebe haben zwischen 14 und 17 Uhr zu“, fügt Blum hinzu. Darüber hinaus betont sie, dass es mit Aufklebern in Schaufenst­ern, die auf eine „nette Toilette“hinweisen, nicht getan ist: „Man braucht auch eine Broschüre und Hinweissch­ilder.“ Der niederländ­ische Klang- und Performanc­ekünstler Lex van Someren kommt am Mittwoch, 15. November, 19 Uhr, ins WolfgangEy­chmüller-Haus. Sein Konzert steht unter dem Titel „Wie im Himmel“. Van Someren trat zunächst als mystischer Clown auf, widmete sich dann mehr der Musik und dem Theater. Vor gut 20 Jahren setzte bei ihm ein künstleris­cher Wandel ein: Er komponiert­e, arrangiert­e und schuf seine eigenen Musikreihe­n. Im Oktober 2015, so wird berichtet, trat van Someren auf dem umstritten­en Quer-DenkerKong­ress auf, wo auch Eva Herman, die ehemalige Tagesschau­sprecherin, anwesend war. Der Komponist und Sänger, dessen Stimme vier Oktaven umfassen soll, arbeitet als Performanc­e-Künstler, Musiker und Lehrer. Bei Konzerten ist es ihm ein Anliegen, dass das Publikum keinen Beifall spendet. Stattdesse­n will er mit seiner Musik zu innerer Stille führen. (ub)

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Foto: Alexander Kaya Nach dem Abriss des alten Kiosks am ehemaligen Busbahnhof gibt es jetzt nur noch im Bahnhofsge­bäude in Weißenhorn eine öf fentliche Toilette. Im Frühjahr will die Stadt in zentraler Lage ein neues öffentlich­es WC bauen. VÖHRINGEN

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