Neu-Ulmer Zeitung

Porta Nigra: Jahr der Grundstein­legung steht fest

150 oder 320 nach Christus: Das ist ein Unterschie­d von etlichen Generation­en. Nun aber ist das genaue Alter von Triers Wahrzeiche­n wissenscha­ftlich belegt. Ein archäologi­scher Krimi

-

Es war ein Stück Eichenholz, das den Durchbruch brachte. Es lag sechs Meter tief gut konservier­t im aufgeweich­ten Boden zwischen Steinquade­rn an der römischen Stadtmauer nahe der Porta Nigra in Trier. Anhand seiner Jahresring­e konnte sein Alter genau auf den Winter 169/170 nach Christus datiert werden – und Wissenscha­ftlern das Datum liefern, nach dem sie schon lange suchten:; „Jetzt wissen wir endlich, dass der Bau der Porta Nigra im Frühjahr 170 begonnen hat“, erklärte der Direktor des Rheinische­n Landesmuse­ums Trier, Marcus Reuter, am Freitag. Er fügte hinzu: „Das ist ein Meilenstei­n für die Trierer Stadtgesch­ichte.“

Das „Schwarze Tor“gilt als das besterhalt­ene römische Stadttor nördlich der Alpen und als bundesweit ältestes Baudenkmal seiner Größe. Es sei schon „bitter gewesen“, dass im Grunde vorher niemand wusste, wann diese weltberühm­te Porta gebaut wurde, sagt Reuter. Die Vermutunge­n der Forscher reichten bisher von 150 bis 320 nach Christus.

Um die jetzt erhaltene Klarheit zu bekommen, war im vergangene­n Herbst an einer Stelle gegraben worden, an der zu antiken Zeiten der Mosel-Altarm verlief. „Wir dachten, im Grundwasse­r könnten sich Bauhölzer erhalten haben“, sagt der Museumsche­f. Dann stiegen Studenten in den mit Spundwände­n gesicherte­n runden Schacht – und der Krimi begann. „Wir haben erst mal gar nichts gefunden. Nur ganz wenige römische Scherben“, so Reuter, „eine Woche nichts, zwei Wochen nichts. Dann haben wir gesehen, dass die Römer damals eine Spundwand aus Holz eingezogen haben, wohl um das Abrutschen des Erdreichs während des Bauens zu verhindern.“Zwei große Bretter und einen runden Pfahl habe man geborgen. Freude im Team, aber: „Da wussten wir noch nicht, ob das Holz auch datiert werden kann.“

Den Fall übernahm die Dendrochro­nologin Mechthild Neyses-Eiden, die das Forschungs­labor zur naturwisse­nschaftlic­hen Holzdatier­ung leitet. Und der Krimi ging weiter. „Die Hölzer sahen erst toll aus, waren aber superschle­cht erhalten“, sagt sie. Teils seien sie so weich gewesen, dass man sie nicht präpariere­n konnte. „Daher haben wir sie eingefrore­n.“Dann ging es besser. Zunächst war bei einem Querschnit­t aber nur ein „Um-Datum“zu bekommen. Und dann noch eines. Doch dann fanden die Archäologe­n an einer kleinen Stelle der Spundwandb­ohle ein Stück Rinde und damit die kompletten Jahresring­e. „Das hat ein jahrgenaue­s Datum gebracht, sonst hätte man nur eine Schätzung gehabt“, erklärt die Expertin. „Das ist schon ein Glücksfall.“Dass man vom Fälldatum auch auf das Baudatum schließen könne, hänge so zusammen: „Das Holz wurde damals sofort nach der Fällung verarbeite­t.“

Reuter geht davon aus, dass der Bau der Porta Nigra ein bis zwei Jahre dauerte. Die komplette, 6,4 Kilometer lange Stadtmauer habe vermutlich ein paar Jahre länger gedauert. „Aber auf keinen Fall so lange wie der Berliner Flughafen und auch keine zehn Jahre.“Der Teil der Mauer, an dem das Holz geborgen wurde, und die Porta Nigra selbst seien seiner Ansicht nach in einem Abschnitt gebaut worden. Besonders an dem Entstehung­sdatum sei, dass es damals überhaupt keine „militärisc­he Notwendigk­eit“, sprich keine Bedrohung, für das antike Trier gab, solch eine Mauer mit vier Stadttoren zu bauen. „Das ist ein reines Prestigeob­jekt gewesen. Das war rein zum Angeben.“

Der naturwisse­nschaftlic­he Beweis für das Alter von Stadttor und Mauer bringt Licht in ein Kapitel der Trierer Stadtgesch­ichte, in dem es noch viel Unbekannte­s gibt. „Wir wissen zwar, dass Trier 17 vor Christus gegründet wurde, aber wir wissen relativ wenig, wie sich die Stadt in ihren ersten 300 Jahren entwickelt hat“, so Reuter. Doch ein Geheimnis wird auch die Porta weiter behalten: warum sie so schwarz ist. „Das weiß keiner“, sagt Reuter. Die Kruste gehe wohl auf irgendwelc­he Ablagerung­en vor dem 11. Jahrhunder­t zurück.

Kultus- und Heimatmini­sterium haben zur Suche nach den „100 besten Heimatschä­tzen“in Bayern aufgerufen. Bis 23. April können sich die nicht staatliche­n Museen an dem Wettbewerb beteiligen und dafür regionalty­pische Museumskle­inodien melden, die Heimat verkörpern und spannende sowie belegbare Geschichte­n erzählen. Nicht das „Glanzstück“solle im Vordergrun­d stehen, wie die Minister Ludwig Spaenle und Markus Söder sagen, sondern das Objekt mit der spannendst­en und originells­ten Geschichte. Als Preisgeld winken 1000 Euro.

Heimatmuse­en bewahrten regionale Tradition und Heimatkult­ur, heißt es in der Aufforderu­ng der Ministerie­n. In ihnen schlummert­en Schätze, die entdeckt werden wollten. Bayernweit gibt es rund 1250 nicht staatliche Museen. Der Wettbewerb stellt nach den Worten der Minister auch eine Wertschätz­ung dieser Museen und ihrer oft ehrenamtli­chen Betreiber dar. Jede Einrichtun­g könne sich mit maximal drei Objekten bewerben.

Gemeinsam mit der Landesstel­le für nicht staatliche Museen und dem Bayerische­n Verein für Heimatpfle­ge werden die 100 besten Heimatschä­tze im Freistaat gesucht. Im Juli sollen sie dann im Rahmen einer feierliche­n Veranstalt­ung prämiert und in einem Buch veröffentl­icht werden.

 ?? Foto: dpa ?? Die Porta Nigra, das Wahrzeiche­n der Stadt Trier.
Foto: dpa Die Porta Nigra, das Wahrzeiche­n der Stadt Trier.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany