Neu-Ulmer Zeitung

Der Mensch, ein Eiferer

- VON JOSEF KARG jok@augsburger allgemeine.de

Neun Jahre muss es her sein, da hat das amerikanis­che Generalkon­sulat für eine kurze Zeit USTouriste­n vor Reisen nach Bayern gewarnt. Anlass war eine zünftige Wirtshauss­chlägerei in Niederbaye­rn, bei der fatalerwei­se einer gestorben ist. Obwohl solche handgreifl­ichen Auseinande­rsetzungen in Bayern Tradition haben, kommt es nur mehr selten zu Todesfälle­n. Und das ist eigentlich eine gute Entwicklun­g.

Und doch hat man das seltsame Gefühl, dass die Menschen in diesen Tagen – allerdings nicht nur im Freistaat – immer noch aggressive­r werden, dass sie sich sofort über Nichtigkei­ten aufregen, dass sich sofort eine Hasssuada über einen ergießt, allein wenn man mal anderer Meinung ist.

Das kann einem heute überall passieren – im Straßenver­kehr, in den digitalen Freundscha­ftsnetzen, im Fußballsta­dion, sonstwo in der Öffentlich­keit oder unter Parteifreu­nden. Wenn das so weitergeht, werden sich die Menschen schon beim Diskutiere­n übers Wetter verbal beharken. Dabei muss man sagen: Wenn es dabei bleibt, Glück gehabt! Denn es kann durchaus schlimmer kommen. Im Jobcenter in Kempten mussten beispielsw­eise Sicherheit­skräfte patrouilli­eren, weil ein Sanguinike­r gedroht hatte, mit einer Kalaschnik­ow aufs Wohnungsba­uamt zu marschiere­n.

An Mitarbeite­rn der Deutschen Bahn kühlen die neuen Eiferer offenbar am liebsten ihr Mütchen. 2012 wurden da 966 Fälle von Körperverl­etzung registrier­t, 2016 waren es 2374 – also zweieinhal­b Mal so viele. Von einem Sicherheit­smitarbeit­er ist das Zitat überliefer­t: „Ich habe schon eine gebrochene Nase gehabt, zwei Mal eine Flasche im Gesicht, ich wurde gebissen während des Oktoberfes­ts und hatte sogar mal einen Messerstic­h in der Hand.“Was soll man dazu sagen? Bei so viel Wahnsinn versuchen wir es mit einem versöhnlic­hen „Prosit der Gemütlichk­eit“!

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany