Neu-Ulmer Zeitung

Gregoritsc­h und der verbotene Blick

Offiziell ging es dem FCA immer nur um den Klassenerh­alt. Der Stürmer hatte allerdings mehr im Sinn. Nach dem Punkt in Wolfsburg will der Österreich­er in den kommenden vier Spielen in großer Manier zuschlagen

- VON JOHANNES GRAF

Nicht nur auf dem Rasen stellt Michael Gregoritsc­h eine Bereicheru­ng des FC Augsburg dar. Erfrischen­d offen gewährt er wiederholt Einblicke in sein Seelenlebe­n. Ein Leichtes wäre es für den 23-Jährigen gewesen, nach dem torlosen Unentschie­den gegen den VfL Wolfsburg darauf zu verweisen, wie wichtig dieser eine Punkt für den Ligaverble­ib gewesen sei. Dass man mit Blick aufs große Ganze eine gute Saison spiele und zufrieden sein könne. Wollte Gregoritsc­h aber nicht, als er sich im Nachgang der Partie mit Medienvert­retern in der Mixed-Zone unterhielt.

Stattdesse­n sprach der Österreich­er aus, was bei FCA-Verantwort­lichen verpönt zu sein scheint. Verknappt: Gregoritsc­h ist enttäuscht, wie die Rückrunde bisher verlaufen ist. Vor allem, weil seine Mannschaft Anfang Februar 31 Punkte gesammelt hatte und sich in der Tabelle in unmittelba­rer Nähe zu den Europa-League-Plätzen aufhielt. Innenverte­idiger Jeffrey Gouweleeuw hatte Anfang des Jahres als einer der Ersten betont, er wolle nach Möglichkei­t im Europapoka­l mitwirken. Auch Gregoritsc­h hatte dieses Ziel formuliert, während andere stets die Geschichte vom Klassenerh­alt erzählten. Und so sagte Gregoritsc­h mit Nachdruck: „Offiziell haben wir nie nach oben geschaut, aber ich würde lügen, wenn ich sage, da schaut keiner hin.“Er räumte ein, das würde wohl nicht jeder im Verein so sehen wie er. „Aber, was soll ich erzählen“, sagte er und zuckte mit den Schultern.

Spürbar störte sich Gregoritsc­h daran, wie gemächlich sich die Bundesliga­fußballer seit Wochen dem Klassenerh­alt entgegensc­hleppen. Was Reuter beschönige­nd mit „Mühsam ernährt sich das Eichhörnch­en“umschrieb, nervt Gregoritsc­h regelrecht. Daher hofft er, am Sonntag im Heimspiel gegen den abstiegsbe­drohten FSV Mainz die ominöse 40-Punkte-Mar- ke zu erreichen. „Endlich“, wie Gregoritsc­h ergänzte.

Die Begegnung in Wolfsburg diente als Blaupause für die Auftritte der Rückserie. Augsburg stand kompakt, verteidigt­e disziplini­ert und ließ wenig Torgelegen­heiten zu. Die gewonnene Stabilität in der Abwehr schlägt sich allerdings zuAugsburg­er lasten des Offensivsp­iels nieder. Während in der Hinrunde vier, fünf Spieler nach Ballerober­ungen mit Vehemenz zum Gegenangri­ff übergingen, verharren sie nun in ihrer defensiven Grundposit­ion. Michael Gregoritsc­h wollte sich auf Ursachenfo­rschung begeben, warum nicht immer alle Spieler sich an der Umschaltbe­wegung beteiligte­n. Darin sah er einen entscheide­nden Grund für verlorene Punkte. Und letztlich eine sehr gute Platzierun­g in der Tabelle.

Trainer Manuel Baum, der sich nach dem Schlusspfi­ff ausgelasse­n über den Punkt in Wolfsburg freute, fasste das derzeitige Vermögen seiner Mannschaft zusammen: „Gegen den Ball gut, mit Ball entwicklun­gsfähig.“Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter vermisste in Wolfsburg den Mut, mit Überzeugun­g Konter zu fahren. Auch er sagte, man habe ganz schlecht umgeschalt­et. Erstaunlic­herweise taten sich die Augsburger nach dem unberechti­gten Platzverwe­is gegen Jan Moravek (54.) bedeutend leichter, sie nutzten die Räume in Wolfsburgs Defensive zielstrebi­ger und wären beinahe durch den frechen Lupfer von Marco Richter in Führung gegangen.

Während der FSV Mainz am Montagaben­d den Spieltag beschließt, haben die Profis des FC Augsburg nun ausreichen­d Zeit, sich auf das Heimspiel am Sonntagnac­hmittag vorzuberei­ten. Der FCA beabsichti­gt dann, die vier Heimnieder­lagen in Serie vergessen zu machen. Spieler und Verantwort­liche sehen sich jedenfalls in der Pflicht. „Unsere Fans haben es verdient, dass sie mal wieder eine richtig überzeugen­de Leistung sehen“, sagte Reuter und erinnerte an den letzten Heimsieg gegen Frankfurt, an das überzeugen­de 3:0. Über zwei Monate ist das her.

Offensivsp­ieler Gregoritsc­h meint, man könne gegen Mainz viel gutmachen. Sein Ziel für die restlichen vier Begegnunge­n formuliert er gewohnt offensiv: zwölf Punkte wolle er noch holen.

 ?? Foto: Witters ?? Michael Gregoritsc­h war in Wolfsburg mit der passiven Spielweise einiger seiner Mannschaft­skollegen nicht einverstan­den. Immerhin dürfte der Abstieg nach dem Punktgewin­n nun endgültig kein Thema mehr sein.
Foto: Witters Michael Gregoritsc­h war in Wolfsburg mit der passiven Spielweise einiger seiner Mannschaft­skollegen nicht einverstan­den. Immerhin dürfte der Abstieg nach dem Punktgewin­n nun endgültig kein Thema mehr sein.

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