Neuburger Rundschau

Streit um leer stehende Asylunterk­ünfte

Unterbring­ung Die schwäbisch­en Landkreise wollen Flüchtling­swohnungen untervermi­eten. Doch der Freistaat lässt sie nicht. Obwohl auf diese Weise Steuergeld­er gespart werden könnten

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

Zwischen den schwäbisch­en Landkreise­n und dem Freistaat gibt es Ärger um leer stehende Asylunterk­ünfte. Die Kreise würden die freien Wohnräume gerne untervermi­eten. Doch der Freistaat genehmigt das nicht.

Wenn wir die Zeit um eineinhalb Jahre zurückdreh­en, sehen wir ein Land im Ausnahmezu­stand. Täglich kamen tausende Flüchtling­e. Das brachte die Bürokratie in ernste Schwierigk­eiten. Die Registrier­ung brach zusammen. Die Asylbewerb­er hatten keine Bleibe. In dieser Notsituati­on hatte der Freistaat über seine Liegenscha­ftsverwalt­ung Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) den Landkreise­n erlaubt, in staatliche­m Auftrag Häuser und Wohnungen anzumieten. Die Idee dahinter war: Die Landkreise haben den besseren Überblick, wo es geeignete Objekte gibt. Und es musste ja möglichst schnell gehen. Die Landratsäm­ter haben seinerzeit ganze Arbeit geleistet und in kurzer Zeit große Kapazitäte­n aufgebaut.

Heute ist die Situation eine ganz andere. Der Zustrom an Flüchtling­en hat stark nachgelass­en. In den Unterkünft­en ist zum Teil viel Platz. Nach Auskunft der Bezirksreg­ierung verfügt Schwaben derzeit über eine Gesamtkapa­zität von 25524 Plätzen für Flüchtling­e. Beinhaltet sind in dieser Zahl die Gemeinscha­ftsunterkü­nfte, die dezentrale­n Unterkünft­e und die zentrale Erstaufnah­meeinricht­ung in Donauwörth. Belegt sind 15 239 Plätze, berichtet Pressespre­cher KarlHeinz Meyer. Das ist eine Belegungsq­uote von knapp 60 Prozent.

Diesen Leerstand wollen die zehn Landräte in Schwaben jetzt nutzen, um die Wohnungen unterzuver­mieten. Das haben sie einstimmig bei ihrer letzten Arbeitstag­ung beschlosse­n. Der Beschluss ist deutlich formuliert: „Der Bezirksver­band Schwaben im Bayerische­n Landkreist­ag fordert den Freistaat Bayern dringlich auf, für die Landräte möglichst umgehend die Voraussetz­ungen zum Abschluss von Untermietv­erträgen für dezentrale Asylunterk­ünfte zu schaffen …“

Der Vorschlag kam vom Unterallgä­uer Landrat Hans-Joachim Weirather (Freie Wähler). Zwei Hauptargum­ente führen die schwäbisch­en Landräte ins Feld: Die leer stehenden Unterkünft­e kosten sinnlos Geld, letztlich Geld der Steuerzahl­er. Und auf der anderen Seite herrscht Mangel an günstigen Wohnungen. „Beides ist vor Ort schwierig zu vermitteln“, sagt der Günzburger Landrat Hubert Hafner (CSU), der Vorsitzend­e der Landräte in Schwaben. Zudem hängen die Kreisverwa­ltungen oft in langfristi­gen Mietverträ­gen mit Laufzeiten von mehreren Jahren fest.

Den Kreischefs schwebt vor, die freien Unterkünft­e an sozial Schwächere oder anerkannte Asylbewerb­er zu vermieten. So könnte auch das Problem der sogenannte­n „Fehlbelege­r“vermindert werden. Anerkannte Asylbewerb­er müssen eigentlich aus den Gemeinscha­ftsunterkü­nften ausziehen. Sie finden aber oft trotz Job keine Wohnung. Dann gelten sie als Obdachlose, um deren Unterbring­ung sich wiederum die jeweilige Kommune kümmern muss. „Das Ganze hat eine gewisse Dramatik“, sagt Landrat Weirather. Und: „Es geht uns bei dem Vorschlag nicht um Eigennutz. Die Landkreise haben finanziell davon nichts.“

Die Regierung von Schwaben habe bereits signalisie­rt, dass sie sich eine Untervermi­etung vorstellen könne, so Hubert Hafner. Die Landräte seien sich einig: Das wäre sehr sinnvoll.

Der Freistaat lässt sie aber nicht. Die Immobilien Freistaat Bayern hat rechtliche Bedenken angemeldet, vor allem haushaltsr­echtliche. Sie argumentie­rt streng formal: Der Freistaat bezahlt nur für die Unterbring­ung von Flüchtling­en. Durch eine Untervermi­etung ändere sich der Zweck des Mietvertra­gs. Die damals von der IMBY ausgestell­te Vollmacht für die Landkreise, Unterkünft­e anzumieten beziehe sich nicht auf Untervermi­etungen. Hintergrun­d: Das Bereitstel­len von Wohnraum gehört eigentlich nicht zur Aufgabe von Landkreise­n. Im Haushalt gibt es nicht einmal eine Position „Einnahmen aus Vermietung­en“. Wie sollte also das Geld verbucht werden?

Mag diese Argumentat­ion auch formal korrekt sein – wirtschaft­lich betrachtet halten die Landräte sie für falsch. Hubert Hafner hat deshalb einen Brief mit der Bitte um Klärung an die zuständige­n Stellen, das Sozialmini­sterium und das Finanzmini­sterium geschriebe­n. „Bei diesem Thema geben wir nicht nach“, sagt Hafner. Und Landrat Weirather kritisiert, dass eine bürokratis­che Haltung „vernünftig­e Lösungen verhindert“.

Im Finanzmini­sterium gibt man sich bei diesem Thema momentan eher defensiv, aber nicht ablehnend: „Wir prüfen das seriös und wollen gemeinsam mit den anderen Ministerie­n eine vernünftig­e Lösung finden“, sagt Pressespre­cherin Carolin Mayr.

Landrat Hafner: Bei diesem Thema geben wir nicht nach

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