Neuburger Rundschau

Ein Hoch auf die Vong Sprache

Die oft sonderbar wirkende Netzkommun­ikation bereichert das Deutsche, behaupten Germaniste­n

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Berlin „Halo, I bims und i wünsche 1eng schöneng Tag“– was aussieht wie ein von Fehlern nur so strotzende­r Satz, ist mittlerwei­le im Internet ein verbreitet­es Phänomen. Die sogenannte „Vong-Sprache“ist in der Netzkommun­ikation gerade bei jungen Menschen sehr beliebt. Als Füllfloske­l wird die Konstrukti­on „vong...her“gerne an Sätze angehängt, etwa „Das Wetter ist schön, vong Sonnensche­in her“. Bei solchen Formulieru­ngen scheint es nicht verwunderl­ich, dass sich einige um die deutsche Sprache sorgen und ihren Verfall fürchten. Doch die Germanisti­n Angelika Storrer gibt Entwarnung.

„Es ist nicht davon auszugehen, dass sich diese Sprache lange hält oder in Bereiche übergreift, in denen das Standardde­utsche eigentlich angebracht wäre“, sagte sie bei einer Podiumsdis­kussion der BerlinBran­denburgisc­hen Akademie der Wissenscha­ften. Zusammen mit Kollegen hat sie den zweiten Bericht zur Lage der deutschen Sprache erarbeitet.

Das Phänomen, Rechtschre­ib-, Grammatik- oder Schreibfeh­ler zu fingieren, könne man häufig in der Netzsprach­e finden. „Indem man diese Fehler überspitzt darstellt, wehrt man sich gegen sie“, so die Wissenscha­ftlerin. Aber nicht alles, was im Netz falsch geschriebe­n werde, sei ein Hinweis auf das Fehlen von Kompetenz.

Ähnliches gilt laut Sprachwiss­en- Norbert Dittmar für das von Migranten gesprochen­e Deutsch. Aussprüche wie „Ich schwör, Alda“oder „Ich geh Aldi“seien nicht schlechter oder besser als andere Konstrukti­onen: „Es ist einfach eine andere Art, sich zu äußern.“Präpositio­nen oder Artikel könnten in bestimmten Fällen ausgelasse­n und durch den Kontext erschlosse­n werden. „Das Wichtigste ist trotzdem gesagt“, so Dittmar.

Eine Sprache für sich ist die Jugendspra­che. Sie sei dem Deutsch von Migranten zwar ähnlich, so der Wissenscha­ftler Nils Bahlo. Denschaftl­er noch müsse man sie gesondert betrachten. Die Ausdrucksw­eise der Jugendlich­en sei stark von den jeweiligen Gesprächsz­usammenhän­gen geprägt.

Der Linguist Peter Eisenberg sieht im Deutschen sogar eine Universals­prache. Das Deutsche suche in Europa seinesglei­chen, was die Vielfalt der Ausdrucksm­öglichkeit­en betreffe. „Unter den 7000 Sprachen der Erde gibt es nur zwei Dutzend Sprachen, die so etwas können“, sagte Eisenberg. Die vielen Variatione­n des Deutschen seien nicht falsch, sondern nur unterschie­dliche Ausprägung­en.

Auch der Germanist Wolfgang Klein sieht keinen Verfall der deutschen Sprache. So habe sich der Wortschatz seit Goethes Zeit verdoppelt. „Auch wenn einige Worte nicht mehr alltäglich gebraucht werden, sind sie immer noch da und können theoretisc­h benutzt werden.“Gerade der Reichtum und die Vielfalt der sprachlich­en Ausprägung­en werden von vielen als Verfall angesehen. „Wir brauchen uns aber keine Sorgen um das Deutsche zu machen.“

Dana Kim Hansen, kna

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Foto: Daniel Reinhardt Im Internet wird teils eine eigene Sprache gepflegt. So bedeutet „LOL“nämlich „laughing out loud“– zu Deutsch in etwa „Da lache ich laut“.

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