Kabarett geht auch ohne Politikschelte
Wie Stefan Waghubinger seine Zuhörer in Schönesberg amüsierte
Ehekichen Schönesberg Im Daferner-Saal in Schönesberg versuchte Stefan Waghubinger auf Einladung des Grünen Dorfkreises Ehekirchen am Freitagabend zentrale Fragen der Menschheit zu klären. Während im Erdgeschoss Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer der CSU bei der Kandidatenaufstellung half, amüsierte sich das Publikum im Obergeschoss prächtig über Waghubingers verquere Gedankenwelt.
Nach Sigmund Freud ist jeder Mensch eine dreigeteilte Persönlichkeit. Er sei es auch, erklärte der in Österreich aufgewachsene Kabarettist. Doch weder sein „Es“, sein „Ich“noch sein „Über-Ich“hätten Lust, die Steuererklärung zu machen. Die erledigt der Wahlstuttgarter in Deutschland, weshalb er einen Stapel Formulare dabei hat, in denen er gelegentlich darin herumblättert und im Laufe des Abends sogar Namen und Geburtsdatum einträgt. Vielleicht wäre es leichter, wenn nicht im Finanzamt sein Kindheitstrauma, der Peutinger, sitzen würde. Der hatte nämlich schon ganz früh ein Captain-KirkKostüm und mächtig damit angegeben. Die eigene Coolness hatte damals allenfalls dazu gereicht, einen Kaugummi zu kauen und ihn dann lässig irgendwohin zu spucken. Das Captain-Kirk-Kostüm hat die Oma für den kleinen Stefan aus kratziger Schafwolle nachgestrickt. Das war zwar dann das Gegenteil von cool, hat aber wertvolle Einsichten gebracht wie diese: „Was macht es mit dir, wie andere dich sehen? Nichts – bis du selber in den Spiegel schaust.“Während man in der Kindheit noch unbeschwert in Bergen von unsortiertem Müll spielen darf, quälen den Erwachsenen die zentralen Fragen des Lebens: Wer bin ich und wie finde ich mich? Wie viel Wahrheit vertrage ich und welche Rolle spielt die Moral? Während man die Suche nach dem Ich in der Volkshochschule angeht, „wenn man seine Spuren nicht nur in was Getöpfertem hinterlassen will“– lernt man die Moral im Konfirmanden-Unterricht. Und schon tun sich neue Konflikte auf: Darf man den besten Freund des Menschen einfach ins All schießen? Wer trägt den Koffer, wenn Barbie verreist? Und wie sähe es dann aus, wenn Ken dunkelhäutig wäre? Gut, dass der Rollkoffer – „ein Zeichen der Zeit“– erfunden wurde. Wenn das Kopftuch – „früher ganz normal katholisch“– ein Zeichen für Unterdrückung sein soll, fühlt sich dann das Sofa unter dem Sofa-Schonbezug auch unterdrückt? Manche Probleme seien einfach nur durch Irrtümer entstanden, meint Waghubinger. Beispielsweise sei durch Columbus’ Navigationsfehler Amerika entdeckt worden. Vielleicht gäbe es ohne Columbus heute viel mehr Indianer und keiner wüsste es. Irrtümer und Missverständnisse bestimmen den Alltag, man sinniert so vor sich hin und dann ist es auf einmal vorbei mit einem Schlag.
Kabarett geht auch ohne Politikerschelte – die ganz normalen Fragen der alltäglichen NormalbürgerExistenz liefern schon Anlässe genug, um ausgiebig darüber zu lachen. Das Publikum genoss es und bekam als Dankeschön für kräftigen Applaus als Zugabe ein paar Auszüge aus Waghubingers Büchern vorgelesen.