Merkel: Freiheiten bekommt man nicht geschenkt
Kanzlerin erinnert an demokratische Werte – Auftakt zu Klausur mit Chefs von Industrie und DGB
PERL/SAARLOUIS. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bürger aufgefordert, offensiv für die Werte der Demokratie einzutreten. „Eines kann nicht sein: Dass einige Teile von uns allen darüber befinden, wer das Volk ist, und andere einfach aus dem Volk ausgeschlossen werden“, sagte sie am Freitagabend bei einer CDU-Veranstaltung in Saarlouis (Saarland). „Wir alle sind das Volk.“
Merkel sagte, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und Reisefreiheit bekomme man „nicht dauerhaft geschenkt, ohne dass man etwas dafür tut“: „Gelegentlich muss man auch deutlich machen, dass man sich für die Freiheit einsetzt.“Es gebe Zeiten, „wo Weichen gestellt werden, wo man sich vergewissern muss, was sind unsere Grundlagen und was sind die Prinzipien, nach denen wir unsere Zukunft gestalten?“. Sie fügte hinzu: „Ich bin überzeugt, wir leben wieder in einer solchen Zeit.“
Bei ihrem Eintreffen zu einer zweitägigen Klausur der CDU-Spitze im saarländischen Perl zum Start ins Wahljahr machte Merkel deutlich, dass sie das Unions-Motto „Wohlstand für alle“als Kernauftrag sieht. Die CDU betrachte Wohlstand für alle nicht nur als etwas, das „Ludwig Erhard mal gesagt hat im Zusammenhang mit der sozialen Marktwirtschaft“. Dies sei „ein Auftrag an uns alle“. „Wir wollen, dass möglichst jeder Mensch in Deutschland die Möglichkeit hat, einen (...) Arbeitsplatz mit fairen Löhnen zu haben.“Zugleich unterstrich die Kanzlerin: „Und wir wollen, dass Unternehmen Bedingungen haben, mit denen sie in Deutschland investieren und nicht woanders.“
Merkel trat mit dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, und IndustriePräsident Dieter Kempf auf. Die rund 60-köpfige CDUFührung diskutierte am Abend mit ihnen über die Zukunft des Wirtschaftsstandorts, sichere Arbeitsplätze und eine sichere Altersversorgung.
Hoffmann sagte, eine der Herausforderungen sei, „die soziale Sicherheit zu stärken und den sozialen Zusammenhalt in Deutschland, aber auch in Europa zu fördern“. Die Gewerkschaften seien sich bewusst, „dass es nicht darum gehen kann, lediglich den Status quo zu verteidigen, sondern dass wir offensiv auf diese Herausforderungen antworten müssen“. Kempf forderte von der Politik Investitionen in die Infrastruktur etwa bei Bildung sowie Digital- und Verkehrsnetzen.
Die CDU-Spitze wollte am Samstag eine Erklärung beschließen, mit der sie für den Wahlkampf einen Kurs von „Maß und Mitte“ankündigt. An diesem Samstag soll nach dem islamistischen Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt die innere Sicherheit eine wichtige Rolle bei der Klausur spielen.
Ein förmlicher Beschluss, der eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt, wurde nicht erwartet. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte der „Saarbrücker Zeitung“vom Freitag: „Wenn man sieht, wie schlecht die AfD über all das redet, was diese Republik ausmacht und von Christdemokraten geprägt wurde, dann schließt sich allein deshalb eine Zusammenarbeit aus.“SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sagte dem Blatt (Samstagausgabe): „Ich erwarte von der CDU, dass sie sich hart abgrenzt.“Die Klausur sollte für eine „eindeutige Klarstellung“genutzt werden, wie sie die SPD 2013 beschlossen habe.
Eine „Zeit der Weichenstellung“sieht Kanzlerin Angela Merkel.