Neue Osnabrucker Zeitung - Wallenhorst
Werden private Treffen weiter eingeschränkt?
Merkel plant Regierungserklärung
BERLIN/HANNOVER Angesichts anhaltend hoher Corona-Infektionszahlen wollen die Länder den Teil-Lockdown bis zum 20. Dezember verlängern. Darauf verständigten sich die Ministerpräsidenten gestern Abend in einer Schaltkonferenz, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr. Bei einer Verlängerung des TeilLockdowns bleiben Gastronomiebetriebe sowie Freizeitund Kultureinrichtungen, die seit Anfang November dicht sind, weiter geschlossen.
Eine endgültige Entscheidung wird für morgen erwartet, wenn die nächste Videokonferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ansteht. Am Donnerstag will Merkel eine Regierungserklärung abgeben.
„Die Zahlen der Neuinfektionen sind nach wie vor viel zu hoch“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Ziel aller Maßnahmen müsse es sein, dass die Zahlen „stark sinken“.
Grundlage für die Entscheidungen ist diesmal ein Beschlussentwurf der Bundesländer. Die Länder wollen die aktuell geltenden Auflagen an einigen Stellen noch verschärfen – etwa mit strengeren Kontaktauflagen. An privaten Zusammenkünften sollen demnach nur noch fünf Menschen aus zwei Haushalten teilnehmen können, heißt es in der Vorlage. Bislang liegt die Grenze bei zehn Personen.
Ausnahmen soll es dem Vorschlag zufolge für die Weihnachtsfeiertage geben – dann sollten auch Angehörige von mehr als zwei Haushalten zusammenkommen können. Auch dabei soll eine Obergrenze von fünf oder zehn Personen gelten. Kinder unter 14 Jahren sollen nicht mitgerechnet werden.
Für die Schulen sieht die Vorlage eine Maskenpflicht ab der siebten Klasse in jenen Regionen vor, in denen die Zahl der Neuinfektionen den Wert von 50 je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen „deutlich“übersteigt.
Vorgeschlagen wird außerdem, ab 20. Dezember die Anti-Corona-Maßnahmen immer um jeweils 14 Tage zu verlängern, wenn das Infektionsgeschehen nicht deutlich abnimmt. Die Unionsländer schlagen vor, dass Länder, die weniger als 50 Neuinfektionen pro Woche und 100 000 Einwohner verzeichnen, den Teil-Lockdown abmildern können – in einem Papier des Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller, ist von einem Wert von 35 die Rede.
Ob ein Böllerverbot zu Silvester im Kampf gegen die Pandemie helfen kann, wird zwischen den Ländern kontrovers diskutiert.
Wie weiter verlautete, soll die „Novemberhilfe“für die Wirtschaft als „Dezemberhilfe“verlängert werden. Die Hilfen seien für Unternehmen und Beschäftigte essenziell und ein wichtiges Element für die Akzeptanz der Schutzmaßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern, heißt es. Die Ausgaben für die Unterstützung im November werden mit 15 Milliarden Euro beziffert.
OSNABRÜCK Das Bundesamt für Strahlenschutz warnt vor schweren gesundheitlichen Folgen des Klimawandels. Die Intensität der UVStrahlung nehme zu, sagt Präsidentin Inge Paulini im Interview. In der Folge sei mit vermehrten Hautkrebserkrankungen zu rechnen.
Frau Paulini, der Klimawandel hat sichtbare und spürbare Folgen wie sterbende Wälder oder Hitzewellen. Wie sieht es mit unsichtbaren Gefahren, etwa höherer UV-Strahlung, aus?
Die Intensität der UV-Strahlung nimmt zu. Das ist eine bislang zu wenig beachtete Auswirkung des Klimawandels mit Folgen für unsere Gesundheit: UV-Strahlung verursacht erwiesenermaßen Krebs. Es erkranken nicht nur immer mehr Menschen an Hautkrebs, die Patienten werden auch immer jünger. Wir müssen hier dringend gegensteuern und das Bewusstsein für diese Gefahr schärfen.
Was ist ursächlich für die stärkere Strahlung, und kann man diese gestiegene Intensität faktisch belegen?
In Deutschland werden wegen des Klimawandels vermehrt wolkenlose, sonnige Tage verzeichnet. Die jährliche Sonnenscheindauer erhöht sich. Erste Auswertungen der Messergebnisse unseres bundesweiten UV-Monitorings geben Hinweis darauf, dass in Jahren mit viel Sonnenschein die Summe der über das Jahr gemessenen, sonnenbrandwirksamen UVStrahlung deutlich über dem lang jährigen Mittel liegt. Dies war zum Beispiel in den Jahren 2003 und 2018 der Fall.
Was ist dagegen zu tun?
Der individuelle Schutz ist sehr wichtig. Die Krux dabei ist: Weil es im Schnitt wärmer wird, verbringen wir auch mehr Zeit draußen – also in der Sonne. Wir setzen uns der Strahlung vermehrt aus und müssen uns bewusster schützen, etwa mit langer Kleidung oder stetem Eincremen mit Sonnenschutzcreme. Das darf nicht nur für den Sommerurlaub am Strand gelten, sondern auch im eigenen Garten. Und wichtig zu wissen: UVStrahlung ist kein Phänomen, das sich auf den Sommer beschränkt.
Im Zuge der zu erwartenden Klimaveränderungen wird diskutiert, wie wir unsere Städte klimaresistenter machen. Dabei geht es häufig darum, die Folgen von Hitzewellen abzumildern. Was ist mit der gestiegenen UVStrahlung?
Man kann es auf den einfachen Punkt bringen: Wer Schatten sucht, muss ihn auch finden. Das gilt beispielsweise in Innenstädten und Fußgängerzonen. Diese sollten so konzipiert sein, dass Passanten einen gewissen Schutz vor Sonnenstrahlung finden. Aber das gilt natürlich auch für öffentliche Einrichtungen wie Schulen oder Kindergärten, etwa in Form von Sonnensegeln über Spielplätzen. Der Sonnenschutz muss bei Bau- und Umbaumaßnahmen viel stärker mitbedacht werden als bislang. Es gibt dazu auch schon entsprechende Förderprogramme, die Bauherren unterstützen.
Wo kann man sich über die UV-Strahlung informieren?
Unser Bundesamt erarbeitet zusammen mit anderen Institutionen eine UV-Prognose, in der wir die zu erwartende Intensität für die nächsten drei Tage vorhersagen. Der UV-Index hat insgesamt elf Stufen. Je höher die Stufe desto größer das Risiko eines Sonnenbrandes auf ungeschützter Haut, und jeder Sonnenbrand erhöht das Hautkrebsrisiko. Ich kann nur dringend empfehlen: Wer längere Zeit im Freien verbringen will, sollte sich nicht nur über die zu erwartenden Temperaturen informieren, sondern auch darüber, wie hoch die UV-Belastung sein wird.
Ein anderes unsichtbares Risiko ist das Edelgas Radon – eine der häufigsten Ursachen für Lungenkrebs neben dem Rauchen. Derzeit werden bundesweit Radon-Vorsorgegebiete ausgewiesen. Warum?
Radon ist Teil unserer Umwelt, es steigt aus dem Boden nach oben. Durch undichte Stellen im Mauerwerk oder Fundament kann Radon sich dann im Keller oder den unteren Stockwerken eines Hauses ansammeln. Weil Radon so gesundheitsschädlich ist, brauchen wir einen Überblick, wo das Risiko besonders groß ist. Hier müssen dann Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Was wird denn die Konsequenz sein, wenn man in so einem Gebiet wohnt?
In den Vorsorgegebieten wird bei Neubauten künftig ein Radon-Schutz
eingebaut werden müssen. Das kann beispielsweise eine Folie sein, die das Gas nicht durchlässt. Für Arbeitgeber in solchen Gebieten wird die Pflicht bestehen, binnen 18 Monaten die Radon-Belastung im eigenen Betrieb zu messen. Ist diese zu hoch, müssen Gegenmaßnahmen ergriffen werden; etwa undichte Stellen im Fundament oder in Leitungen abdichten.
Und private Hausbesitzer? Müssen die auch messen?
Nein, das nicht. Aber wir empfehlen auch außerhalb von Vorsorgegebieten, die RadonSituation im eigenen Haus freiwillig zu messen. Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn es Hinweise gibt, dass die Radon-Konzentration hoch sein könnte, zum Beispiel bei einem Baujahr vor 1960. Ein Messgerät kostet etwa 30 bis 50 Euro, das ist keine große Investition angesichts des Risikos, das von Radon ausgehen kann. Nur wer weiß, dass ein Problem besteht, kann etwas dagegen tun.