Neue Osnabrucker Zeitung - Wallenhorst
Landschaftlich schöner Spaziergang
Im Herzen des Natur- und Geoparks Terra-Vita: Der sieben Kilometer lange Rundweg im Zittertal
BISSENDORF/GEORGSMARIENHÜTTE Zittertal? Wer bei Ortskundigen nachfragt, merkt schnell, dass sie angesichts einer lieblichen Landschaft und alter Höfe ins Schwärmen kommen. Lohnt sich der Spaziergang im Grenzgebiet zwischen Bissendorf und Georgsmarienhütte?
Bissendorf liegt zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald mitten im Naturund Geopark Terra-Vita. Kein Wunder also, dass es in so zentraler Lage auch einen Terra-Track gibt, in diesem Fall einen rund sieben Kilometer langen Rundweg – quasi im Herzen des Naturund Geoparks.
Terra-Vita? Das rund 1500 Quadratkilometer große Terrain des Geoparks firmierte ursprünglich unter der Bezeichnung Naturpark Nördlicher Teutoburger Wald-Wiehengebirge. Ein Name, der zwar geografisch aussagekräftig ist, aber unter Marketinggesichtspunkten eher altbacken bis sperrig wirkt. Inzwischen heißt der 1962 gegründete und 1965 zum Landschaftsschutzgebiet erklärte Naturpark „Natur- und Geopark Terra.vita“.
Immerhin: Als erstem Naturpark in Deutschland gelang es Terra-Vita schon 2001, als Europäischer Geopark anerkannt zu werden. Seit 2004 gehört er zum Geopark-Netzwerk der Unesco, 2008 wurde er zum nationalen Geopark. Im November 2015 folgte dann die offizielle Anerkennung als Unesco Global Geopark. Ein Gelände voller Highlights – von den Dinosaurierfährten in Barkhausen bis zu den Dörenther Klippen, vom Piesberg bis zur „Blauen Lagune“im ehemaligen Steinbruch im Kleefeld.
Nur: Im Zittertal ist keines der vielen Highlights verortet. Dort scheint allein die Landschaft der Star zu sein. Dort ist, das deutet sich schon beim Blick auf die Karte und die Wegbeschreibung an, der Weg das Ziel.
Wie bei allen Rundwegen stellt sich am Anfang die Frage: Wo starten? Eine Entscheidung, die mit Bedacht
Merke:
Herbststimmung im Zittertal: Hier lässt es sich gut wandern. getroffen werden will, denn es gibt zwei gastronomische Einkehrangebote, beide mit Parkmöglichkeiten, in unmittelbarer Nähe: Zum einen den Gasthof Zittertal, der auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Die eigentliche Hofstelle geht auf das Jahr 1529 zurück, als dort von Hermann de Vogt eine Vogtei errichtet wurde. 1913 erhielt sein Nachfahre Christian
Vogt dann die Genehmigung für eine Schankwirtschaft. Die Gastronomie gibt es noch heute.
Die zweite Einkehrmöglichkeit ist deutlich jünger: das im April 2009 eröffnete Café Barth am Wanderparkplatz Zum Rochusberg. Dort bietet Rudolf Barth selbst gebackene Kuchen, Kaffee-Variationen und kulinarische Kleinigkeiten an.
Blick ins Zittertal: Hier ist allein die Landschaft der Star, wenn man von den Tieren, die der Wanderer am Wegesrand trifft, mal absieht.
Gegenüber des Gasthofs Zittertal hat das Café Barth aber einen kleinen StandortNachteil: Es liegt nicht direkt am Rundweg, sondern an der Zuwegung. Sprich: Am Gasthof Zittertal kommt man in jedem Fall vorbei, am Café Barth nur, wenn man den Wanderparkplatz Zum Rochusberg als Startpunkt wählt. Das sollte man auch genau deshalb tun: Dann kann man sich gleich zwei Stärkungen oder Erfrischungen gönnen. Besser gesagt: könnte. Denn der NovemberLockdown verhindert derzeit die gemütliche Einkehr.
Der Startpunkt am Wanderparkplatz Zum Rochusberg hat einen weiteren Vorteil: Von der rund 600 Meter langen Zuwegung zum eigentlichen Rundweg kann man immer mal wieder einen
Fotos: Ernesto Moses Wiebrock ungewohnten Blick aus der Vogelperspektive auf den Bissendorfer Gewerbepark Ost und die Autobahn werfen. Und wer genau hinschaut, erkennt fast schon am Horizont das Iduna-Hochhaus in Osnabrück.
Am eigentlichen Rundweg stellt sich dann die nächste Glaubensfrage: Wie herum soll es denn gehen? Im Grunde ist es egal, wirklich steile Auf- und Abstiege gibt es nicht. Diesmal geht es entgegen des Uhrzeigesinns zunächst durch einen wunderbar goldgelb eingefärbten Herbstwald, wo das Rauschen der Autobahn endgültig zurückbleibt. Bänke laden zum Verweilen ein, unter den Schuhsohlen knistert das Laub.
Wenige Hundert Meter weiter erwartet den Wanderer dann ein ganz anderes Knistern: Hochspannungsleitungen überqueren den Weg. Kurz dahinter halten ein Schild „Betreten verboten – Absturzgefahr“und eine nur mäßig solide Einfriedung den neugierigen Naturfreund nur halbherzig davon ab, genau das zu tun, was verboten ist. Aber das Verbot hat gute Gründe: Das Gelände zwischen Voxtruper Straße und Zum Bossel gehört zu den Osnabrücker Steinbruchbetrieben, die wiederum zur Unternehmensgruppe Dieckmann gehören. Ein Indiz dafür, dass man die Grenze zwischen Bissendorf und dem Georgsmarienhütter Ortsteil Holsten-Mündrup überschritten hat.
Weiter geht es, vorbei an abgeernteten Feldern, lauschigen Wäldchen, Wiesen und Weiden. Wer sich Zeit nimmt, kann viele Details entdecken: Das kleine fast überwucherte Schild „Abfälle abladen verboten“, den Deutz, der mit einer Feldspritze über den Acker dieselt, die Streuobstwiese, deren Obstbäume – genau wie die daran befestigte, arg eingefallene Kauzröhre – schon bessere Zeiten gesehen haben. Oder die behalsbandete Katze, die bei der Brotzeit auf ein paar Baustämmen am Wegesrand um die Ecke getigert kommt. Oder eben den Blick auf Bissendorf.
Keine Frage: Schön ist es im Bissendorfer Zittertal, einsam allerdings nicht. Man merkt auf Schritt und Tritt, dass viele Menschen hier gerne spazieren gehen. Eineinhalb bis zwei Stunden dauert es, je nachdem, wie schnell man wandert, dann ist man wieder am Ausgangspunkt. Und wenn der Gasthof Zittertal und das Café Barth wieder geöffnet haben, dauert es vermutlich entsprechend länger.
Es sind auch eineinhalb bis zwei Stunden ohne wirkliche Höhen und Tiefen, und das nicht nur im geografischen Sinne. „Wenige Highlights, aber wunderschön zu gehen“, hat ein Wanderer auf Outdooractive kommentiert und vier von fünf Sternen vergeben. Dem gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen.
Eine Karte und weitere Fotos vom Terra-Track finden Sie auf noz.de/