Neue Osnabrucker Zeitung - Wallenhorst
Radikale Ansätze als Anregung
Fanbündnis positioniert sich klar zur anstehenden Verteilung der Fernsehgelder
FRANKFURT Das einflussreiche Fanbündnis „Unsere Kurve“hat ihre Position zur bald anstehenden Verteilung der Fernsehgelder unterbreitet. An die Deutsche FußballLiga (DFL) ergeht der Appell, die mit Ausbruch der Corona-Krise begonnenen Diskussionen über dringend notwendige Reformen nicht außer Acht zu lassen.
„Weitermachen wie bisher darf keine Option sein. Die Entscheidung über die Verteilung der DFL-Medienerlöse ist für uns und viele andere Fans richtungweisend. Diese Entscheidung ist ein Gradmesser für die Reformbereitschaft des Profifußballs“, sagte die Vorsitzende Helen Breit in Richtung DFL-Präsidium. Der warnende Unterton ist nicht zu überhören.
Die Anhängerin des SC Freiburg hat als Mitglied der von der DFL einberufenen „Task Force Zukunft Profifußball“mit ihrer Stimme deutlich an Gewicht gewonnen. Fünf Fanvertreter sitzen in dem Gremium, das den angeschlagenen deutschen Profifußball zukunftssicherer machen soll. Nachdem 14 Lizenzvereine Reformvorschlägen bei der Fernsehgeldverteilung
zugunsten der kleineren Klubs verschickt hatten, lud der FC Bayern kürzlich nur jene 14 Erstligisten (und den Hamburger SV) an den Frankfurter Flughafen, die dieses Thesenpapier nicht gezeichnet hatten.
Die Fangruppierung bezeichnete den von BayernBoss Karl-Heinz Rummenigge einberufenen „G-15-Gipfel“als „öffentliches Schaulaufen“. Die Botschaft sei gewesen: Wagt es nicht, das etablierte System anzugreifen. „Es ist alle Jahre wieder das gleiche: Die Solidarität im Profifußball hört auf, sobald
es ums Geld geht. Wenn es um den eigenen Machterhalt geht, interessieren die Worte von gestern nicht mehr: Klar, es kann zu Reformen kommen, aber bitte nur dann, wenn ich als direkter Gewinner vom Platz gehe.“
Die Verteilung der ab der Saison 2021/2022 leicht schrumpfenden Fernsehgelder gilt vielen als Lackmustest, ob die Bestrebungen für einen gerechteren Wettbewerb wirklich ehrlich gemeint sind. Denn die Medienerlöse bilden – gerade bei einbrechenden Zuschauerund sinkenden Sponsoringeinnahmen in der Pandemie – die entscheidende Kenngröße. Der aktuelle Machtkampf wird mit großen Irritationen verfolgt: „Wo sind sie hin, die Worte der Demut, Selbstkritik und Veränderung? Was muss denn noch passieren, damit endlich ein Umdenken stattfindet?“Bleibt alles beim Alten, das könnte die nächste Schlussfolgerung sein, dann braucht es auch die Task Force mit den 35 Experten aus Politik, Medien, Wirtschaft und Fans als Feigenblatt nicht mehr.
Bundesweite Fanorganisationen mit über 50 Vertretern hatten bereits vor Wochen über ein abgestimmtes Thesenpapier im Projekt „Zukunft Profifußball“konkrete Modellrechnungen für die Medienerlöse vorgestellt. Demnach sollten alle Vereine einen großen Sockelbetrag erhalten, das restliche Geld würde nach Leistungskriterien verteilt, die Spreizung innerhalb einer Liga aber maximal 1,5 betragen.
Die von der DFL vereinnahmten nationalen und internationalen Medienerlöse wurden gemeinsam betrachtet. Auch die gewaltigen UEFA-Zuwendungen aus der Champions Leage müssten die Topklubs demnach teilweise an die Liga weiterleiten. Als Folge hätte der FC Bayern in der Saison 2019/2020 statt 256 Millionen nur noch 140 Millionen Euro bekommen, der SC Freiburg aber 63 statt 50 Millionen. Rummenigge würde bei der Verabschiedung solcher Vorschläge vermutlich direkt eine Super League gründen und die Bayern aus der Bundesliga abziehen.
Solche radikalen Ansätze gehen selbst DFL-Boss Christian Seifert viel zu weit. Interessant nur, dass auch Werder Bremens Aufsichtsratschef Marco Bode die Verteilung der Fernsehgelder grundsätzlich anders sehen möchte. Der Ex-Nationalspieler hält Korrekturen für „die Branche insgesamt“für unverzichtbar, wie er am Wochenende sagte: „Ich finde schon, dass wir alle bereit sein müssen, uns zu verändern. Insbesondere bei den Zielen integrer Wettbewerb, wirtschaftliche Robustheit der Klubs und Identifikation zu den Fans – auch da ist etwas kaputt gegangen oder durch die Corona-Krise zumindest bedroht.“Das „Unsere-Kurve“-Kommuniqué stützt seit Montag diese Vermutung.