Union lehnt Kompromiss zur Vorratsdatenspeicherung ab
Gesetzentwurf soll unverändert und schnell verabschiedet werden / SPD-Spitzenpolitiker nervös vor Debatte auf dem Parteikonvent
SPD-Vize Ralf Stegner wollte parteiinternen Kritikern mit einer zeitlichen Befristung der Vorratsdatenspeicherung entgegenkommen. Gegen diesen Vorschlag ist neben der Union auch die SPD-Führung.
Trotz der Kritik in Teilen der SPD an der von der Bundesregierung geplanten Regelung zur Vorratsdatenspeicherung lehnen Unionspolitiker Änderungen an dem Gesetzentwurf ab. Der netzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek (CDU), bezeichnete einen Vorschlag des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner, das geplante Gesetz zeitlich zu befristen, als »Unsinn«. »Entweder man will die Vorratsdatenspeicherung oder eben nicht«, polterte Jarzombek in der »Rheinischen Post«. Ein »Herumeiern« bringe gar nichts.
In der SPD-Bundestagsfraktion war bereits in der vergangenen Woche über eine zeitliche Befristung der Vorratsdatenspeicherung diskutiert worden. Die Fraktion wäre wohl mehrheitlich dafür, um einige Kritiker in den eigenen Reihen zu besänftigen. Aber die SPD-Parlamentarier wissen, dass der Kompromissvorschlag gegen den Widerstand der Union voraussichtlich nicht durchgesetzt werden kann. Aus Koalitionskreisen und der SPD-Führung war ebenfalls Ablehnung zu vernehmen.
Den am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf hatten Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenressortchef Thomas de Maizière (CDU) nach monatelangem Streit ausgehandelt. Weitere langwierige Debatten über das Thema will die Bundesregierung offensichtlich verhindern. Das liegt nicht nur an dem Unmut in der SPD. Auch der zivilgesellschaftliche Protest gegen die drohende Massenüberwachung soll nach dem Willen von Schwarz-Rot nicht zur Entfaltung kommen.
Wenn der Entwurf noch vor der Sommerpause im Juli vom Bundestag verabschiedet wird, dürfte es in der SPD-Fraktion einige Abweichler geben. In diesen Tagen haben sich etwa die Abgeordneten Marco Bülow, Daniela Kolbe, Hilde Mattheis, Lars Klingbeil und Lothar Binding sehr kritisch über die Datenspeicherung geäußert. Sie monierten, dass die geplante Regelung einen tiefen Eingriff in die Bürgerrechte darstelle. Die Fraktionsführung geht aber davon aus, dass die Mehrheit der Sozialdemokraten für die Vorratsdatenspeicherung stimmen wird, selbst wenn es keine Änderungen mehr geben sollte. Die Befürworter des Instruments behaupten, dass mit der anlasslosen Speicherung von Daten zur Telefon- und Internetkommunikation »schwere Kriminalität« und Terrorismus besser bekämpft werden können. Allerdings ist bislang nicht bewiesen worden, dass die Vorratsdatenspeicherung hierfür wirklich nützlich ist.
Große Sorgen bereitet führenden Sozialdemokraten ein geheim tagender Kleiner Parteitag am 20. Juni in Berlin. Dort werden die Delegierten auch über die Datenspeicherung diskutieren. In der SPD-Basis gibt es großen Widerstand gegen das Vorhaben der Großen Koalition, das neben der Union unter anderem Sigmar Gabriel und einige führende sozialdemokratische Landespolitiker vorangetrieben haben.
Die Spitzengenossen sind nun angesichts des internen Streits sichtlich nervös. Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil beschwor seine Genossen in einem Interview mit der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung«, bei dem Parteikonvent keine Machtprobe mit Gabriel zu suchen. Nach dem Willen der Jusos sollen die Delegierten über das heikle Thema abstimmen. Dagegen will die Führung der SPD dieses Szenario offenbar vermeiden. Es liegen zahlreiche Anträge an den Konvent vor, in denen die Wiedereinführung der Vor- ratsdatenspeicherung abgelehnt wird. Am Wochenende will die Antragskommission darüber beraten, wie der Kleine Parteitag damit umgehen soll.