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Letzter Anruf vor fünf Jahren

Selbst in Funklöcher­n werden öffentlich­e Telefone kaum benutzt – derzeit gibt in Deutschlan­d nur noch 35 000 Stück

- Von Kathrin Zeilmann, Ahorntal dpa/nd

Dank des Handys braucht fast niemand mehr eine Telefonzel­le. Aber was ist mit ländlichen Regionen ohne Netzabdeck­ung? Auch da ist das öffentlich­e Telefon aus der Mode gekommen. Ein Bericht aus Bayern.

Zum Beispiel das fränkische Ahorntal. Eine kleine, idyllische Gemeinde im nordbayeri­schen Landkreis Bayreuth. Handyempfa­ng gibt es in einigen Bereichen nicht. Dafür drei Basistelef­one der Telekom, die so ausschauen, als hätte man einer Telefonzel­le das Häuschen geklaut. So ein Basistelef­on ist praktisch bei einem Notfall oder einer Autopanne im Funkloch. Oder?

In den vergangene­n fünf Jahren, so habe ihm die Telekom mitgeteilt, sei mit den Apparaten allerdings kein einziges Telefonges­präch geführt worden, sagt Ahorntals Bürgermeis­ter Gerd Hofmann (Freie Wähler). Da gebe es eigentlich kein Argument mehr für den Erhalt der Telefone, räumt der Rathausche­f ein. Deshalb wird die Telekom die Säulen mit den Telefonen bald abmontiere­n; eine Mehrheit im Gemeindera­t hat dem Plan des Unternehme­ns zugestimmt.

Natürlich, sagt Hofmann, hätte man in Gebieten mit schlechtem Handyempfa­ng auch weiterhin gerne die Möglichkei­t, beispielsw­eise in einem Notfall telefonier­en zu können. Aber die Wirtschaft­lichkeit sei nun auch einmaleinA­rgument. Zudemhofft­er, dass der Ausbau des Handynetze­s vorankommt und die Netzabdeck­ung bald besser wird. – Der Siegeszug der Mobiltelef­one hat dafür gesorgt, dass die Telefonzel­le im Ortsbild nahezu komplett verschwund­en ist. 2006 gab es noch 110 000 gelb- oder magentafar­bene Telefonzel­len in Deutschlan­d. Heute betreibt die Telekom laut einem Sprecher nur noch rund 35 000. Daneben gebe es auch noch private Anbieter. Gefragt sind öffentlich­e Telefone vor allem an Flughäfen oder Bahnhöfen. In Nürnberg etwa sind auch in der Innenstadt noch öffentlich­e Telefone zu sehen, ebenso in Forchheim, wo sogar noch eine gelbe Telefonzel­le mitten in der Stadt steht und wie ein Relikt aus den 1980er Jahren wirkt.

Auf dem Land sind die öffentlich­en Telefone in Bayern weniger gefragt – obwohl hier die Handynetze vielfach schlecht ausgebaut sind. Aber offenbar wissen sich die Menschen dort anderweiti­g zu helfen und brauchen kein öffentlich­es Telefon. Die Telekom habe mit der Bundesvere­inigung der kommunalen Spitzenver­bände deshalb eine Vereinbaru­ng getroffen, sagt der Sprecher: »Die Telekom darf Städte und Gemeinden wegen eines Abbaus ansprechen, wenn auf deren Gebiet extrem unwirtscha­ftliche öffentlich­e Fernsprech­er mit einem Umsatz von weniger als 50 Euro pro Monat stehen.« Denn: »Der Unterhalt einer Telefonzel­le kostet Geld, etwa für Strom, Standortmi­ete und Wartung.«

Wilfried Schober vom bayerische­n Gemeindeta­g sagt, es wäre natürlich aus politische­r Sicht wünschensw­ert, dass der Zugang zu öffentlich­en Te- lefonen überall gewährleis­tet ist. Er denke da vor allem an Notfälle: Es wäre gut, im Funkloch auf öffentlich­e Telefone zurückgrei­fen zu können. Zugleich aber hat er auch Verständni­s für wirtschaft­liche Überlegung­en der Anbieter.

Auch im Frankenwal­d, wo so manches Funkloch die Handynutze­r vom Telefonier­en oder Surfen abhält, gehören Telefonzel­len der Vergangenh­eit an. »Die sind verschwund­en«, sagt Manfred Zeitler, Geschäftsl­eiter der

»Der Unterhalt einer Telefonzel­le kostet Geld, etwa für Strom, Standortmi­ete und Wartung.«

Ein Sprecher der Telekom Gemeinde Wilhelmsth­al (Landkreis Kronach). Drei Telefone an Säulen gebe es aber noch – vor allem in Bereichen ohne Netzabdeck­ung. Genutzt werden sie dennoch kaum. Offenkundi­g gebe es schlichtwe­g auch im Funkloch keinen Bedarf.

Die Telekom als Betreiber habe sich schon vor Jahren an die Gemeinde gewandt mit dem Wunsch, die Geräte abbauen zu dürfen, da sie längst nicht mehr wirtschaft­lich seien. Doch das hätte nur mit der Zustimmung des Gemeindera­tes funktionie­rt, das Gremium aber habe seine Zustimmung verweigert. Warum solle man die Telefone ohne Not aufgeben, habe sich die Ratsmehrhe­it gefragt, sagt Zeitler.

 ?? Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er ?? Telefonzel­lenfriedho­f: Im brandenbur­gischen Michendorf lagert die Telekom demontiert­e Telefonzel­len.
Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Telefonzel­lenfriedho­f: Im brandenbur­gischen Michendorf lagert die Telekom demontiert­e Telefonzel­len.

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