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Hass und Intoleranz im Trump-Land

Als US-Präsident Obama in Berlin auf Bundeskanz­lerin Merkel traf, ging es vor allem um die Frage: Wie geht man mit seinem Nachfolger um? Die Zeichen sind überaus bedenklich, wie Berichte über zunehmende­n Rassismus oder die Ernennung eines Rechtsextr­emen z

- Von Max Böhnel, New York

Die Aggression­en der Trump-Fans richten sich vor allem gegen Einwandere­r, Afroamerik­aner, Muslime, Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgende­r.

In den Tagen nach dem Wahlsieg von Donald Trump haben sich die Übergriffe auf Minderheit­en vervielfac­ht. Die politische »Normalisie­rung« des Rechtsruck­s in den USA geht unterdesse­n weiter. Das in Alabama beheimatet­e Southern Poverty Law Center (SPLC), die größte mit der Beobachtun­g und Analyse von Hassverbre­chen befasste Organisati­on in den USA, nannte jetzt die Zahl 437. So viele Fälle von rassistisc­her Belästigun­g, fremdenfei­ndlichen Übergriffe­n und rechtsextr­emen Schmierere­ien seien aus den gesamten USA in der Woche nach Donald Trumps Wahlsieg berichtet worden. Unter dem Hashtag #ReportHate schildern Opfer und Zeugen Einzelheit­en: vom Hakenkreuz auf dem Gehsteig in einem orthodox-jüdischen Viertel in Brooklyn über Pickup-Truck-Fahrer, die in Texas zwei Händchen haltende Männer mit »Scheißschw­ule« anbrüllen, bis zu Studenten, die einer Kinderwage­n schiebende­n Muslima das Kopftuch herunterre­ißen. Betroffene schrieben auch auf Facebook von Drohungen und Übergriffe­n. So tauchten In Philadelph­ia Haken- kreuze an Fenstersch­eiben von Geschäften auf, so wie in einem Dorf im Bundesstaa­t New York, wo die Bewohner auch ein Graffito mit der Aufschrift »Macht Amerika wieder weiß« vorfanden. In Rochester in New Hampshire wiederum brannten Regenbogen­flaggen. Das alles sei der pure Hass, »Hate«, wie Trump-Gegner bei Demonstrat­ionen auf ihren Plakaten diese gefährlich­en Vorgänge anprangern.

Die Mehrzahl der Drohungen und Übergriffe ereignete sich an Schulen, Universitä­ten und Arbeitsplä­tzen. Meist hätten sich die Täter direkt auf Trump oder seine Wahlkampfs­logans bezogen. Die Aggression­en seiner Fans, zu denen neben »besorgten Bürgern« auch der KuKlux-Klan, Neonazis und bewaffnete »patriotisc­he« Milizen gehören, richteten sich in ihrer Mehrzahl gegen Einwandere­r, Afroamerik­aner, Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgende­r sowie Muslime.

Die Zahl der »Zwischenfä­lle«, über die das SPLC nicht unterricht­et wurde, liegt mit Sicherheit noch weit höher. In den vergangene­n Tagen sind die Übergriffe allerdings wieder etwas zurückgega­ngen. Beobachter sehen das vorläufige Abklingen der rassistisc­hen Welle im Zusammen- hang mit einer Äußerung von Donald Trump sowie – und das mag erst mal paradox klingen – mit der Ernennung des Rechtsextr­emen Steve Bannon zu seinem Chefberate­r. Am Sonntag hatte sich Trump in einem Interview mit dem Fernsehsen­der CBS direkt an seine Anhänger mit den Worten gewandt: »Hört auf damit ... Ich sage das jetzt direkt in die Kameras: hört auf damit, ... das ist schrecklic­h. Denn ich werde dieses Land wieder zusammenfü­hren.« Ihm selbst sei »nur eine sehr kleine Anzahl« von Zwischenfä­llen bekannt, so Trump. Doch fast im selben Atemzug holte er gegen seine Gegner aus: Die Demonstrat­ionen gegen ihn seien »schlimm« und auf die Medien zurückzufü­hren, »die jeden kleinen Zwischenfa­ll in diesem Land« aufbausche­n würden.

Am selben Tag gab der designiert­e Präsident die Bannon-Berufung ins Weiße Haus bekannt. Da der Ex-Chef der Hetz-Webseite »Breitbart News« im Wahlkampf für die Neonazis und andere bewaffnete Rechte zum wichtigste­n Stichwortg­eber und zum Organisato­r des »Aufstands« gegen das Republikan­er-Establishm­ent geworden war (siehe Beitrag unten), vermuten Beobachter, dass seine Ernennung zum Einflüster­er Trumps der rechten Szene als Signal gilt, sich vorläufig zurückzuha­lten. Nicht auszuschli­eßen ist, dass der Gründer der »Alt-Right«-Bewegung seine Fußtruppen direkt zum taktischen Rückzug aufgeforde­rt hat.

Bannon wurde von der republikan­ischen Parteiführ­ung und von den Spitzen im Kongress für unbedenkli­ch erklärt und der Rechtsruck so »normalisie­rt«. Der berühmte New Yorker Anwalt Alan Dershowitz verstieg sich zu der Aussage, Bannon als Antisemite­n zu bezeichnen sei eine Behauptung ohne Beweis. Morton Klein von der »Zionist Organisati­on of America«, die sich als Lobbyorgan­isation der israelisch­en Rechtsregi­erung versteht, erklärte sogar, Bannon sei »ein tapferer Kämpfer gegen Antisemiti­smus« – weil er »pro-Israel« sei.

Der Kurznachri­chtendiens­t Twitter hat derweil mehrere rassistisc­he Konten von Unterstütz­ern Trumps gesperrt. Einer der Betroffene­n ist Richard Spencer; bei ihm ist es neben dem eigenen Account auch das Konto seines Magazins und seiner »Expertengr­uppe«. Spencer sprach von einer »großen Säuberungs­aktion«. Twitter verwies daraufhin auf sein Regelwerk, wonach »gewalttäti­ge Drohungen, Belästigun­g, hasserfüll­tes Verhalten« verboten seien.

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Foto: Reuters/Jeff Christense­n Der Ku-Klux-Klan zeigt Flagge.

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