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Heftiger Streit zwischen DOSB und Traineraka­demie

Der Verband will seinen Sportvorst­and an die Spitze der Kölner Ausbildung­sstätte hieven, dort ist man empört

- Von Jörg Mebus, Köln SID/nd

Der DOSB setzt erste Empfehlung­en einer Unternehme­nsberatung um – und verursacht gleich einen Scherbenha­ufen. Gut zwei Wochen vor der mit Spannung erwarteten DOSB-Mitglieder­versammlun­g in Magdeburg sorgt ein Streit zwischen zwei der einflussre­ichsten deutschen Sportfunkt­ionäre für Misstöne. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s, und Thomas Weikert, Chef des Tischtenni­s-Weltverban­des ITTF, liefern sich ein Scharmütze­l, das tief blicken lässt.

Fest steht: Die ersten Aufräumarb­eiten des DOSB im Anschluss an die viel diskutiert­e Studie der Unternehme­nsberatung Ernst & Young haben direkt einen Scherbenha­ufen hinterlass­en. Der Versuch einer Neuordnung an der Spitze der Traineraka­demie in Köln stellt erneut die strategisc­hen Fähigkeite­n der DOSB-Bosse infrage.

Völlig ohne Not hat Hörmann einen Streit um den Posten des Vorstandsv­orsitzende­n des Trägervere­ins der Akademie vom Zaun gebrochen. DOSB-Sportvorst­and Dirk Schimmelpf­ennig soll dieses Amt übernehmen und den amtierende­n Boss ersetzen: Thomas Weikert. Der Haken: Weikert, einer der letzten deutschen Sportfunkt­ionäre mit Einfluss über die Bundesgren­zen hinaus, will gar nicht weichen – und beklagt sich nun heftig über schlechten Stil.

»Hätte man sich mit uns in der Traineraka­demie frühzeitig über Hintergrün­de unterhalte­n – wir und ich wären für alles offen gewesen. Aber mit uns hat niemand gesprochen«, sagte der Rechtsanwa­lt. Statt- dessen gab es eine schriftlic­he Anweisung von oben: »Die Art und Weise gefällt mir überhaupt nicht, man muss lernen, vernünftig miteinande­r umzugehen.«

Laut »FAZ«, die zuerst über den Sachverhal­t berichtete, hat DOSBPräsid­ent Alfons Hörmann vor einer Woche in einem knappen Brief Weikert von dem gewünschte­n Personalwe­chsel informiert. »Ich darf Sie bitten, diese Personalie­n auf Ihrer Mitglieder­versammlun­g am 24. November zu bestätigen«, schrieb Hörmann.

Doch Weikert ist kein Mann, der sich so einfach abserviere­n lässt. Das tat er in seinem Antwortsch­reiben auch deutlich kund. »Ihre Vorgehensw­eise ist des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s nicht würdig«, schrieb er Hörmann.

Weikert glaubt, dass der Vorstoß Hörmanns eine Reaktion auf die vom DOSB in Auftrag gegebene Studie von Ernst & Young war. »Der DOSB solle mehr Kontrolle ausüben, hieß es da. Das ist eine direkte Folge davon«, sagte Weikert dem SID. Auch die Empfehlung, Einsparung­en vorzunehme­n, bekommt die Traineraka­demie direkt zu spüren. Der DOSB kürzte die Zuwendunge­n nach FAZAngaben um 5000 auf 33.000 Euro und nahm in Kauf, dass dadurch der ganze Verteilers­chlüssel durcheinan­der gerät. Den größten Teil des Budgets (643.000 Euro) der wichtigste­n Ausbildung­sstation für deutsche Trainer tragen der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen.

Tatsächlic­h hätte sich Weikert mit vernünftig­en Argumenten und in einem persönlich­en Austausch kinderleic­ht vom Schritt zur Seite überzeugen lassen. »Ich klebe mit Sicherheit nicht an dem Amt«, sagt er. 2008 wurde Weikert von Hörmanns Vor- gänger, dem heutigen IOC-Präsidente­n Thomas Bach, in das »politische Amt« gedrängt. Mittlerwei­le hat er zwar viel Spaß daran gefunden, doch Weikert betont auch: »Das Amt gibt mir jetzt nicht direkt das Profil, Bundeskanz­ler zu werden.«

Nun geht es ihm ums Prinzip, und Weikert schließt nicht aus, dass die Sache noch richtig hässlich werden könnte. Satzungsge­mäß könne der DOSB den Vorstandsv­orsitzende­n zwar vorschlage­n, die Mitglieder­versammlun­g der Traineraka­demie könne diesen aber ablehnen. Die auf den 24. November terminiert­e Vollversam­mlung mit Vorstandsw­ahl hat Weikert bereits abgesagt. Sie soll nun Mitte Dezember stattfinde­n, wenn sich beide Seiten etwas sortiert haben.

Die Aufräumarb­eiten haben bereits begonnen. Schimmelpf­ennig und Weikert, die sich aus gemeinsame­n Tagen beim Deutschen Tischtenni­s-Bund (DTTB) seit Jahrzehnte­n kennen und schätzen, arbeiten sich schon an dem Scherbenha­ufen ab. »Dirk und ich sind Freunde, wir haben am Mittwoch zwei Stunden miteinande­r geredet. Ich kann mir vorstellen, dass sich da eine Lösung abzeichnet«, sagt Weikert.

Doch selbst wenn dies der Fall sein sollte: Ernst & Young und die Folgen bleiben für den DOSB ein riesiges Problem. Vor der Mitglieder­versammlun­g in Magdeburg, wo die Spitzenspo­rtreform im Mittelpunk­t steht, flammt hinter den Kulissen die Debatte über Stil, Strategie und Transparen­z neu auf. Die 200-seitige, nicht gerade schmeichel­hafte Expertise von Ernst & Young wurde vom DOSB auf 39 Seiten komprimier­t veröffentl­icht. Die Langfassun­g ist unter Verschluss – immer mehr Leute fragen, warum.

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Foto: imago/Stepniak

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