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Mahnen und Gedenken

Fünf Jahre nach dem Mord an Burak Bektas ist der Täter noch immer nicht gefasst

- Von Johanna Treblin

Nach fünf Jahren ist der Mord an Burak Bektaş in Berlin nicht aufgeklärt.

Zum 5. Jahrestag des Mordes an Burak Bektaş am 5. April legen Angehörige den Grundstein für einen Gedenkort. Von der Staatsanwa­ltschaft fordern sie Aufklärung. Noch ist nicht viel zu sehen auf dem Platz gegenüber dem Neuköllner Krankenhau­s. Ein kleiner Bagger und ein Loch sind die ersten Anzeichen dafür, dass hier einmal etwas entstehen wird: Ein Gedenkort für Burak Bektaş, der hier am 5. April 2012 ermordet wurde. Am Mittwoch wird der Platz eingeweiht, der Grundstein für eine Gedenkskul­ptur wird gelegt, die in einem Jahr hier stehen soll. Bis dahin soll die gesamte Gestaltung des Platzes fertiggest­ellt sein. 50 000 Euro will die »Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş« dafür sammeln, über die Spendenpla­ttform betterplac­e. Etwa die Hälfte des Geldes fehlt noch.

Burak Bektaş stand am 5. April 2012 mit Freunden vor dem Krankenhau­s an der Rudower Straße. Wortlos näherte sich ihnen ein Mann und schoss auf die Gruppe. Der 22jährige Bektaş fiel zu Boden und starb. Zwei seiner Freunde wurden schwer verletzt. Der Schütze floh. Bis heute ist der Mord nicht aufgeklärt.

Große Hoffnung hatten Initiative und Familie in einen anderen Gerichtspr­ozess gesetzt: Den um den Mörder des Briten Luke Holland, der ebenfalls in Neukölln getötet wurde. Nach einem viermonati­gen Prozess wurde Rolf Z. im Juli 2016 vom Gericht des heimtückis­chen Mordes verurteilt. Ein eindeutig rassistisc­hes Tatmotiv sah das Gericht nicht – wohl aber die Eltern Hollands und die Unterstütz­er der Familie Bektaş. Weil die Morde an Holland und Bektaş mehrere Parallelen aufweisen, könnte Z. auch als Mörder des 2012 getöteten jungen Mannes in Frage kommen. Sie hatten sich vom Gerichtsve­rfahren weitere Aufklärung erhofft.

Helga Seyb, Sprecherin der Initiative und Mitarbeite­rin der Opferbe- ratungsste­lle ReachOut, sagte: »Es gibt Übereinsti­mmungen im Verhalten. Ein Mann kommt auf die Straße, schießt, geht weg.« Letzten Endes habe der Prozess aber keine neuen Ermittlung­sergebniss­e in Sachen Bektaş ergeben.

Der Zusammenha­ng zwischen den beiden Morden sei nicht ausreichen­d untersucht worden, kritisiert­e hingegen die Initiative zum Ende des Prozesses gegen Rolf Z. Dabei habe es ausreichen­d Hinweise gegeben: Zum Beispiel habe Rolf Z. im Haus seines Bruders häufig Schießübun­gen gemacht, nur wenige Straßen von dem Ort entfernt, an dem Bektaş ermordet wurde. Auch die Anwälte der Familie kritisiere­n die Arbeit der Behörden. »De facto scheint die Staatsanwa­ltschaft Berlin die Ermittlung­en eingestell­t zu haben«, schreiben sie in einer Mitteilung vom Dienstag.

Martin Steltner, Sprecher der Berliner Staatsanwa­ltschaft, weist die Vorwürfe zurück. »Mit großem Aufwand haben wir versucht, den Fall aufzukläre­n, und sind auch weiter dabei«, sagte er dem »nd«. Auch sei die Staatsanwa­ltschaft den Hinweisen zu Verbindung­en zu Ralf Z. nachgegang­en. Aber: »Die Ausgangsla­ge für Ermittlung­en ist schwierig.« Die Zeugenauss­agen, die Z. hätten belasten können, seien nicht ausreichen­d für eine Anklage, auch die Schmauchsp­uren hätten nichts ergeben.

Bereits vor eineinhalb Jahren forderten die Anwälte den Generalbun­desanwalt auf, die Ermittlung­en zu übernehmen. Jetzt erneuerten sie ihre Forderung. »Die Generalbun­desanwalts­chaft ist zuständig, wenn durch Straftaten der innere Frieden gefährdet ist«, sagte der Rechtsanwa­lt der Familie, Mehmet Daimagü- ler, dem »nd«. In der türkischen Gemeinde in Berlin herrsche große Verunsiche­rung, weil der Fall noch immer nicht aufgeklärt sei. Aus dem Fall um den NSU habe man gelernt, dass eine regional unabhängig­e Ermittlung der Aufklärung besser diene. Der Generalbun­desanwalt müsse selbst tätig werden. Dieser lehnte das jedoch bereits im Januar vergangene­n Jahres ab. Man sehe keine Anhaltspun­kte für ein Staatsschu­tzdelikt, hieß es damals.

Auch Seyb wünscht sich, dass die »Akte noch mal aufgerollt« wird. »Dabei könnten Dinge entdeckt werden, die von den bisherigen Ermittlern nicht mehr gesehen werden.« Die Familie brauche Gewissheit. »Sie wissen nicht, ob sie dem Mörder jeden Tag über den Weg laufen. Er könnte in der gleichen Straße wohnen wie sie, er könnte ihr Nachbar sein.«

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Foto: imago/Christian Mang Gedenken an den Mord von Burak Bektas im Jahr 2016

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