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Trump redet sich gegen Merkel in Rage

US-Präsident: Berlin stärkt Russland durch Gaskauf

- Von Martin Trauth, Brüssel AFP

Auf dem Tisch steht alles gedeckt für ein entspannte­s Frühstück vor dem NATO-Gipfel: auf der einen Seite Bündnis-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g (Norwegen), auf der anderen US-Präsident Donald Trump. Während eine Kamera wohl nur unverfängl­iche Bilder vom Beginn einfangen soll, nutzt Trump dies für eine Tirade gegen Deutschlan­d. Er wirft der Bundesregi­erung letztlich vor, Russland durch Milliarden­zahlungen für Gaslieferu­ngen erst zur Gefahr für die NATO zu machen.

»Deutschlan­d wird vollkommen durch Russland kontrollie­rt«, schimpft Trump und verweist auf die hohe deutsche Abhängigke­it von russischen Gaslieferu­ngen. »Sie zahlen Milliarden Dollar an Russland, und dann müssen wir sie gegen Russland verteidige­n.«

Der US-Präsident kritisiert ausdrückli­ch die Pläne für die geplante Gaspipelin­e Nord Stream 2 von Russland nach Deutschlan­d. Es sei »sehr traurig«, dass Deutschlan­d solche Deals abschließe, sagt Trump. »Sie machen Russland nur reich.«

»Sehr unangemess­en« sei das, empört sich Trump, der sich über mehr als fünf Minuten in Rage redet. Genauso unangemess­en wie viel zu niedrige Verteidigu­ngsausgabe­n in der NATO, die das »reiche Deutschlan­d eigentlich sofort« erhöhen könne, ohne Probleme zu bekommen.

Einmal versucht Stoltenber­g, Trump zu stoppen. Er verweist da-

»Deutschlan­d wird vollkommen durch Russland kontrollie­rt. Sie zahlen Milliarden Dollar (für Gas) an Russland und dann müssen wir sie gegen Russland verteidige­n.«

Donald Trump in Brüssel

rauf, dass es auch im Kalten Krieg Handel von NATO-Ländern mit der Sowjetunio­n gegeben habe. Trump widerspric­ht sofort: »Energie ist eine ganz andere Geschichte als normaler Handel«, sagt er. Andere Bündnismit­glieder wie Polen seien gegen Nord Stream 2, um eben nicht »Gefangene Russlands« zu werden.

Trump macht damit in aller Öffentlich­keit eine neue Front im Konflikt mit Deutschlan­d auf und vermischt das bewusst mit dem Streit um die Verteidigu­ngsausgabe­n. Bisher griff er Deutschlan­d und die EU insgesamt vor allem wegen des hohen Exportüber­schusses im Handel mit den USA an und droht nach Strafzölle­n auf Aluminium und Stahl auch mit Importabga­ben auf europäisch­e Autos. Die USA trügen fast die gesamten NATO-Kosten, schrieb er auf Twitter, und schützten auch Länder, »die uns im Handel abzocken«. Damit ist wohl auch Deutschlan­d mitgemeint.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel sagt dazu bei ihrer Ankunft beim Gipfel, sie wolle »aus gegebenem Anlass« sagen, dass sie selbst erlebt habe, »dass ein Teil Deutschlan­ds von der Sowjetunio­n okkupiert wurde«. Nach der Wiedervere­inigung könne Deutschlan­d aber »eigenständ­ige Politik machen« und »eigenständ­ige Entscheidu­ngen fällen«. Hochrangig­e Vertreter in Brüssel und Berlin haben die Trump allerdings im Verdacht, auch energiepol­itische Interessen zu verfolgen. Mancher in der EU vermutet, dass dies auch ein Grund für den Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit Iran ist. Denn das Land verfügt über die größten Gasreserve­n der Welt.

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