Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ärger um neue Zentralbib­liothek

Die Bücherei soll gemeinsam mit anderen Kultureinr­ichtungen ins ehemalige Postgebäud­e vor dem Bahnhof ziehen – aber die Planung verzögert sich immer wieder. Grüne und FDP äußern offen Zweifel. Wird das Prestigepr­ojekt zum Flop?

- VON ARNE LIEB

Der Umzug der Zentralbib­liothek entwickelt sich zum Streitpunk­t in der Ampel-Kooperatio­n aus SPD, Grünen und FDP. Trotz jahrelange­r Vorbereitu­ng gibt es erhebliche Zweifel daran, ob das ehemalige Postgebäud­e am Vorplatz des Hauptbahnh­ofs die richtige Wahl ist. Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) geht fest davon aus, dass die Bücherei dort einzieht, er kündigte den Umzug auch beim Presseterm­in mit Bahnvorsta­nd Ronald Pofalla zur Umgestaltu­ng des Hauptbahnh­ofs an. Der Vertrag ist aber nicht unterschri­eben – und die politische­n Partner FDP und Grüne stellen öffentlich Forderunge­n. Der Beschluss soll bis zum Sommer fallen. Die Streitpunk­te: Das Theatermus­eum Alle politisch Beteiligte­n sind sich einig, dass die Bücherei von ihrem bisherigen Standort am Bertha-von-SuttnerPla­tz in größere Räume umziehen muss. Denn es mangelt insbesonde­re an den immer beliebtere­n Ar- beitsplätz­en für Besucher. Seit rund zwei Jahren verfolgt Geisel den Plan, die Einrichtun­g in das Postgebäud­e am Konrad-Adenauer-Platz 1 umzusiedel­n. Das Problem: Selbst eine erheblich vergrößert­e Zentralbib­liothek würde nur in etwa die Hälfte der 25.000 Quadratmet­er Nutzfläche des riesigen Gebäudes ausfüllen. Den Rest sollen sich laut der Planung aus dem OB-Büro diverse Ämter und Kultureinr­ichtungen teilen – so könnte die Stadt andere, teure Standorte aufgeben. Umstritten ist aber insbesonde­re der Einzug des Theatermus­eums: Bereits rund 1400 Menschen haben eine noch laufende Online-Petition zum Erhalt des Museums an seinem jetzigen Standort im Hofgarten unterschri­eben, der Kulturrat hat es auf die „Rote Liste“der bedrohten Kulturinst­itute gesetzt.

Im Rathaus betont man, das Museum solle durch den Umzug nicht aufgegeben werden. Es soll zwar keine Ausstellun­gsfläche mehr erhalten, aber als Forschungs­zentrum und pädagogisc­he Einrichtun­g weiter arbeiten. Die aktuellen Pläne – die im Mai der Öffentlich­keit vorgestell­t werden sollen – wecken in der Politik aber offenbar Zweifel. „Das Theatermus­eum braucht mehr Platz“, fordert Clara Gerlach (Grüne). Davon hänge die Zustimmung der Grünen ab. „Sonst muss man darüber nachdenken, ob es wirklich da hineinpass­t.“Friedrich Conzen (CDU) hat den Eindruck, dass die Stadtspitz­e versucht, möglichst viele Nutzer in das Gebäude zu pressen, darunter auch Kulturamt und Stadtarchi­v. „Ich glaube, die packen da zu viel rein“, sagt er. Kosten Die Stadt würde das Gebäude vom Eigentümer, einem Versorgung­swerk, für rund drei Millionen Euro jährlich zuzüglich Betriebsko­sten von 1,2 Millionen Euro anmieten. Die FDP knüpft ihre Zustimmung daran, dass sich dieses Modell rechnet. „Es darf nicht teurer sein als ein Neubau“, sagt Manfred Neuenhaus. Auf Drängen der Liberalen soll die Stadtspitz­e daher eine genaue Berechnung vorlegen. Immer wieder hatte die Verwaltung die Planung angepasst und Vorlagen in Ausschüsse­n zurückgezo­gen. Neuenhaus betont, für die FDP sei es unumstößli­ch, dass die Bibliothek neue Räume braucht – das sagen auch die Grünen. „Aber dieser Umzug ist definitiv noch nicht in trockenen Tüchern.“ Forum Freies Theater (FFT) Das experiment­elle Theater soll seine beiden heutigen Standorte (Jahnstraße/Kasernenst­raße) aufgeben und ebenfalls einziehen. Die Theaterlei­tung befürworte­t das. Dafür müsste die Stadt aber auf ihre Kosten eine Bühne in den Betonbau schlagen lassen – was bei manchen Ratsleuten düstere Erinnerung an den Umbau der gegenüberl­iegenden Alten Paketpost für das Schauspiel­haus weckt. Damals waren die Kosten explodiert.

Die Grünen fordern zudem, dass die Freie Szene ihren kürzlich geschaffen­en zusätzlich­en Proberaum im FFT behalten kann. Gerlach vermisst das in der bisherigen Planung. „Ich möchte eine klare Auskunft, wo der zusätzlich­e Raum herkommen soll.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany