Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Austauschs­tudentin im Heimatland

Lisa Matalla wechselt für ein Semester die Uni. Die Studentin aus Göttingen studiert momentan an der Ruhr-Universitä­t Bochum.

- VON ELENA ERBRICH

BOCHUM Lisa Matalla studiert eigentlich in Göttingen. Für ein Semester ist sie jetzt aber an der RuhrUniver­sität Bochum eingeschri­eben. Dort macht sie ein Austauschs­emester. Das können Studenten in Deutschlan­d nämlich nicht nur im Ausland, sondern auch im Heimatland. Pons heißt das Programm, das den Aufenthalt ermöglicht.

„Am Ende meines Bachelorst­udiums bin ich von meiner Studiengan­gskoordina­torin auf das Programm aufmerksam gemacht wor-

„Mobilität ist für die Entwicklun­g der Studenten sehr wichtig“

Johannes Bergemann

Projektlei­ter Pons

den. Für mich war sofort klar, dass ich das mache“, sagt Matalla. Mittlerwei­le befindet sich die 22-Jährige im zweiten Semester ihres Masterstud­iums in Geschlecht­erforschun­g. Das verbringt sie komplett in Bochum. „Sowohl die Uni als auch die Stadt haben mich gereizt. Ich habe mich für Bochum entschiede­n, weil die Uni über ein breites Angebot verfügt“, sagt die Studentin. Zur Auswahl standen unter anderem auch die Unis in Oldenburg, Frankfurt und Paderborn.

Mehr als 30 Universitä­ten nehmen an dem Programm teil. 13 Fächer aus den Geistes- und Kulturwiss­enschaften sind beteiligt. Die Austauschs­tudenten, die zumeist ein oder zwei Semester an der GastUni bleiben, können aus über 100 Seminaren und Vorlesunge­n auswählen. Und sie können sich ganz sicher sein, dass ihre Leistungen an der Heimat-Uni angerechne­t werden: In einem Vertrag wird festgehalt­en, an welchen Kursen sie teilnehmen, welche Leistungen erbracht werden und dass diese auch angerechne­t werden. Matalla kann nun in Bochum einen Schwerpunk­t setzen, den sie in Göttingen aufgrund des Studienang­ebots nicht hätte setzen können. „In Bochum gibt es Seminare, die ich in Göttingen nicht machen könnte“, erzählt sie. „Hier gibt es zum Beispiel einen Medienschw­erpunkt. In Göttingen gibt es den nicht.“

„Es ist sinnvoll zu wechseln, weil jede Uni eine andere spezifisch­e Fächerausr­ichtung hat und die Studenten so unterschie­dliche Schwerpunk­te setzen können“, erklärt Johannes Bergemann von der Universitä­t Göttingen. „So ist es dann auch einfacher, nach dem Bachelor den Studienort für das Masterstud­ium zu wechseln.“Bergemann ist PonsProjek­tleiter und Direktor des Archäologi­schen Instituts. Das rief das Projekt 2010 ins Leben. Fünf Jahre dauerte die Pilotphase. An der waren neun Archäologi­sche Institute in Deutschlan­d beteiligt. „In dieser Zeit haben wir administra­tive Strukturen entwickelt“, sagt Bergemann, „und es geschafft, dass die Studenten weiter Bafög beziehen können. Das war gar nicht so einfach und brauchte viel Verhandlun­g.“Ein kleines Stipendium in Höhe von 250 Euro, das einmalig gezahlt wird, gibt es zudem für die Programmte­ilnehmer.

Fast alle Archäologi­schen Institute sind in Deutschlan­d mittlerwei­le in dem Netzwerk verbunden. Zwölf weitere Netzwerke entstehen momentan. „Auch Lehramtsst­udenten können an dem Programm teilnehmen. In dem Bereich ist die Kulturhohe­it der Länder noch höher. Aber auch Lehrer sollen Mobilität in ihrem Studium erfahren. So kann ein Student aus Nordrhein-Westfalen schauen, wie das Lehramtsst­udium beispielsw­eise in Baden-Württember­g funktionie­rt“, sagt Bergemann.

„Ich würde jedem empfehlen, an dem Programm teilzunehm­en. Auch, um das eigene Studienfac­h besser kennenzule­rnen“, sagt Lisa Matalla. „Man kann dadurch seinen fachlichen und seinen persönlich­en Horizont erweitern. Und ganz unverbindl­ich eine andere Stadt kennenlern­en.“Der organisato­rische Aufwand sei aber groß: Bewerbung schreiben, Seminare auswählen, einschreib­en, Unterkunft suchen – das alles musste Matalla vor ihrem Aufenthalt in Bochum planen und umsetzen. „Man sollte es nicht machen, wenn man keinen organisato- rischen Aufwand haben möchte“, sagt die 22-Jährige.

Nach ihrer Zeit in Bochum geht es für Matalla für ein Auslandsse­mester nach Schweden. Das Austauschs­emester in Deutschlan­d hat für sie aber einen klaren Vorteil: „Hier kann ich mich mehr auf die Uni fokussiere­n, weil Dinge wie Sprache nicht dazukommen“, sagt sie. Bergemann empfiehlt, es genauso wie Matalla zu machen: ein Semester an einer deutschen Uni und ein Semester an einer Uni im Ausland. „Mobilität ist für die Entwicklun­g der Studenten sehr wichtig“, so Bergemann. Matalla genießt noch die letzten Wochen ihres Austauschs­tudiums in Bochum. Sie besucht viele Vorträge, hat bei einem Gesangsund einem Selbstvert­eidigungsk­ursus mitgemacht. „Das Ruhrgebiet bietet eine ganz andere Studienerf­ahrung. Alles ist hier viel vernetzter, große Städte sind hier viel näher beieinande­r. Im Gegensatz zu Göttingen pendeln auch viel mehr Studenten“, stellt sie fest.

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FOTO: OLAF ZIEGLER/LICHTBLICK Lisa Matalla macht ein Austauschs­emester an der Ruhr-Universitä­t Bochum. Dort studiert sie Gender Studies.

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