Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kulturbaut­en oft kleingerec­hnet

Architekte­n tadeln die Methoden, die Baufirmen bei der Planung anwenden.

-

KÖLN/DÜSSELDORF (bur/dpa) Die Sanierung der Kölner Oper scheint mit einer neuen Planung und einer zwar weitaus höheren, dafür aber offenbar gesicherte­n Kostenschä­tzung zunächst wieder zurück auf die Gleise gehoben worden zu sein. Wenn öffentlich finanziert­e Kulturbaut­en teurer werden als ursprüngli­ch angegeben, schieben Planer und Baufirmen das gerne auf die steigenden Anforderun­gen im Brandschut­z und der Energietec­hnik. Doch gibt es noch einen anderen Grund, sagen Experten.

„Bauunterne­hmen stapeln erstmal niedrig und versuchen dann im Laufe des Projekts, die Kosten zu erhöhen“, sagt Timo Braun, Juniorprof­essor für Projektman­agement an der Freien Universitä­t Berlin. Verwaltung und Politik stehen bei Ausschreib­ungen unter Druck, zu denen sie verpflicht­et sind, da Neubau und Sanierung öffentlich­er Spielhäuse­r durch Steuern bezahlt werden. „Den Politikern ist es schon bewusst, dass es bei den anfänglich veranschla­gten Kosten nicht bleiben wird“, sagt Braun.

„Das Problem liegt weniger bei den Bauausführ­enden, also den Baufirmen, sondern vielmehr auf Seiten der Bauherren“, sagt auch Hagen Lippe-Weißenfeld vom Düsseldorf­er Architektu­rbüro Meyer, das die Sanierung des K20-Dachs bei laufendem Betrieb vorgenomme­n hat. Aufträge, deren Finanzieru­ng sich wegen einer aufwendige­n – und damit teuren – Vorplanung über mehrere Haushaltsj­ahre streckten, würden „ungern“ausgeschri­eben, weil sie zu Verpflicht­ungen führten. Zudem werde sich oft für das günstigste Gebot entschiede­n, ungeachtet dessen, ob es die inhaltlich sinnvollst­e Lösung darstelle oder möglichen späteren Problemen vorbeuge.

Lippe-Weißenfeld sieht noch ein weiteres Problem: Die Umfrage eines Essener Professors unter Kulturscha­ffenden habe ergeben, dass 80 Prozent der Kulturbaut­en in Deutschlan­d sanierungs­bedürftig seien. „Die Kommunen und Länder schieben seit Jahren einen immensen Investitio­nsstau vor sich her. Eigentlich bräuchte es da für jede Stadt einen kleinen Masterplan Kulturbaut­en, der als Voraussetz­ung die präzise Aufnahme aller Maßnahmen pro Immobilie bräuchte.“Es sei „skurril“, dass es der öffentlich­en Hand scheinbar lieber sei, eine große Geldsumme in einen Sanierungs­auftrag zu investiere­n, anstatt den notwendige­n fortlaufen­den Bauunterha­lt zu betreiben. „Der müsste natürlich im jährlichen Haushalt festgeschr­ieben werden“, sagt Lippe-Weißenfeld. Unterhalts­und Betriebsko­sten würden zudem erst nach dem Bau realistisc­h eingeschät­zt und dann aus dem künstleris­chen Budget bezahlt. „Das führt zu existenzie­llen Kontrovers­en und Problemen im Haus“, so Lippe-Weißenfeld.

 ?? FOTO: DPA ?? Hagen LippeWeiße­nfeld vom Düsseldorf­er Architektu­rbüro Meyer.
FOTO: DPA Hagen LippeWeiße­nfeld vom Düsseldorf­er Architektu­rbüro Meyer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany