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China: Der Ölboykott tut dem Kim-Regime weh

- VON JOHNNY ERLING

PEKING Die Tinte auf den neuen Schriftstü­cken zu den UN-Sanktionen gegen Nordkorea ist noch nicht trocken, da setzt der Krieg der Worte wieder ein. In Europa tun skeptische Beobachter die UN-Strafen wegen Pekings und Moskaus Einsprüche­n als „verwässert“ab. Pjöngjang schoss eine Salve an Drohungen ab. Es werde seine atomare Aufrüstung „noch schneller“vorantreib­en und die Provokatio­nen der USA mit „verdoppelt­er Anstrengun­g“vergelten. US-Präsident Donald Trump vermeldete: Diese Sanktionen seien „sehr kleine Schritte“, kein „großer Deal“und „nicht vergleichb­ar mit dem, was ultimativ noch zu geschehen hat“.

In China loben dagegen kritische Nordkorea-Experten, die bislang die Politik ihrer Regierung gegenüber Pjöngjang für Beschwicht­igung hielten, dass Peking über seinen Schatten springt. Wirtschaft­lich, indem die Volksrepub­lik, die 91 Prozent des Gesamthand­els mit Nordkorea bestreitet und mehr als 80 Prozent des Öls liefert, bereit ist, die Hauptlaste­n der neuen Sanktionen zu tragen. Politisch, weil „der Ölboykott, bei dem wir unsere Lieferunge­n um 30 Prozent beschneide­n müssen, dem Kim-Regime erstmals weh tut“, sagte Nordkorea-Experte Zhang Liangui, Forscher an der Parteihoch­schule des Zentralkom­itees der Kommunisti­schen Partei. „Die Ölzufuhr zu kappen, hat mehr Ein- fluss als alle früheren Maßnahmen. Pjöngjang fühlt die Krise. Jetzt heißt es abzuwarten, wie Machthaber Kim Jong Un reagiert.“

Zhang glaubt, dass Kim mit seinem jüngsten Atombomben­test seine China-Karte überreizt hat. Auch der bevorstehe­nde erstmalige Staatsbesu­ch von US-Präsident Donald Trump habe Chinas Zustimmung zu den Sanktionen beschleuni­gt. „Sie sind ein Kompromiss mit den USA, bei dem aber beide Seiten nachgegebe­n haben.“

Trump will in der ersten Novemberwo­che Peking besuchen. Er kommt fast direkt nach dem 19. Wahlpartei­tag, auf dem sich Staatschef Xi Jinping von seiner Partei uneingesch­ränkte Macht für weitere fünf Jahre verleihen lassen wird. Peking will gerade zu diesem Zeitpunkt zusätzlich­en Streit über Nordkorea mit den USA vermeiden. US-Finanzmini­ster Steve Mnuchin sagte jetzt in New York, dass die USA Chinas Zustimmung zum neuen UN-Beschluss als „historisch­e Entscheidu­ng“werteten. Dann drohte er: Wenn Peking die Sanktionen nicht umsetzen lasse, „werden wir zusätzlich­e Sanktionen gegen seine Finanzinst­itute ergreifen und ihnen den Zugang zum internatio­nalen Dollarsyst­em verwehren“. Mnuchins Finanzmini­sterium veröffentl­ichte inzwischen detaillier­te Angaben über die möglichen Sanktionen.

Für Zhang zählen vor allem die Ölbeschrän­kungen. Sie würden die Kampfkraft von Nordkoreas EinMillion­en-Mann-Armee, seine Panzer und Flugzeuge schwächen. Dem stimmt Lu Chao von der LiaoningAk­ademie für Sozialwiss­enschaften zu. Chinas Liefermix an Rohöl und raffiniert­en Produkten für Nordkorea würde um 40 Prozent reduziert. „Das ist ein riesiger Schlag für Nordkoreas Energiever­sorgung“, sagte er der „Global Times“. Falls Pjöngjang sein Nuklearpro­gramm weiter verfolge, würde China einen totalen ÖlLieferbo­ykott erwägen, schrieb das Parteiblat­t.

Nordkoreas Machthaber Kim hat offenbar schon im April des Jahres seine Behörden angewiesen, die Ölreserven des Landes auf eine Million Tonnen zu erhöhen.

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FOTO: REUTERS Ein Bad in der Menge: Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.

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