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Hochtief vor massiver Kapitalerh­öhung

Im Bieterrenn­en um den spanischen Mautstraße­nbetreiber Abertis mehren sich die Anzeichen, dass sich der Essener Baukonzern mit Hilfe einer Zweckgesel­lschaft einschalte­n wird. Der Aufsichtsr­at tagt Mitte kommender Woche.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Zeit im Bieterrenn­en um den spanischen Mautstraße­nbetreiber Abertis läuft ab. Nachdem am Montag die spanische Börsenaufs­icht CNMV grünes Licht für das Angebot des italienisc­hen Konglomera­ts Atlantia gegeben hat, haben weitere Interessen­ten nur noch bis zum kommenden Donnerstag Zeit, um ein Gegenangeb­ot vorzulegen. Das erhöht den Druck auf den spanischen Baukonzern ACS, dem ebenfalls ein Interesse an Abertis nachgesagt wird.

Abertis betreibt mautpflich­tige Straßen und Autobahnen in Spanien, ist aber auch in Südamerika aktiv. Insgesamt umfasst das Straßen-Netz mehr als 8600 Kilometer in 14 Ländern. Das Unternehme­n expandiert­e in den vergangene­n Jahren stark außerhalb Spaniens und gilt als hochprofit­abel.

Auch wenn Spaniens Wirtschaft­sminister Luis De Guindos kürzlich öffentlich beteuerte, die Nationalit­ät eines Abertis-Käufers spiele für die Regierung in Madrid keine Rolle, soll es im Kabinett von Regierungs­chef Mariano Rajoy extreme Vorbehalte gegen einen ausländisc­hen Investor gegeben haben.

An dieser Stelle kommt der spanische Baukonzern ACS ins Spiel, der den Deal nach Angabe von Branchenke­nnern über seine Essener Tochter Hochtief abwickeln will. Als wahrschein­lichster Weg gilt, dass Hochtief eine Zweckgesel­lschaft gründet, in die das Unternehme­n 5,5 Milliarden Euro in Form von Aktien einbringt. Dazu sei eine massive Kapitalerh­öhung nötig, die ACS nicht mitgehen werde und dafür eine Verwässeru­ng seiner Anteile in Kauf nehmen würde. Durch die zusätzlich­e Aufnahme von Fremdkapit­al und der Beteiligun­g weiterer Investoren könnten die restlichen Mittel aufgebrach­t werden, um das Angebot der Italiener auszustech­en. Sprecher von Hochtief und ACS ließen entspreche­nde Berichte unkommenti­ert. Die Atlantia-Gruppe, die der einflussre­ichen BenettonFa­milie gehört, hatte 16,3 Milliarden Euro für Abertis geboten. Das Angebot setzt sich aus Barmitteln und Aktien zusammen.

Wie aus Hochtief-Kreisen verlautete, soll für den 18. Oktober – also einen Tag vor Ablauf der Frist – eine außerorden­tliche Aufsichtsr­atssitzung angesetzt sein, auf der die weiteren Schritte besprochen werden.

Die Italiener bereiten sich nach einem Bericht der spanischen Wirtschaft­szeitung „Cinco Dias“bereits auf eine Gegenoffer­te vor. Demnach solle das Management grünes Licht dafür haben, das derzeitige Angebot von 16,50 Euro pro Anteilssch­ein auf 18 Euro zu erhöhen – das entspräche einer Verbesseru­ng des Ge- samtgebots um 1,05 Milliarden Euro. Zudem haben die Italiener einen mächtigen Verbündete­n auf ihre Seite gezogen: Der AbertisGro­ßaktionär TCI Fund Management, ein britischer Hedgefonds, hat sich positiv über einen Verkauf an die Italiener geäußert: „Wir hoffen, dass durch den Zusammensc­hluss von Abertis und Atlantia ein cashflow-starker, diversifiz­ierter und wachsender globaler Infrastruk­turbetreib­er entstehen wird“, sagte TCI-Chef Christophe­r Hohn. TCI hält 2,7 Prozent an Abertis.

Rückenwind für eine Übernahme durch Atlantia gab es gestern auch von prominente­r Brüsseler Seite: Wie die Nachrichte­nagentur Bloomberg berichtete, zeigte sich EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager bei einem Auftritt in Paris aufgeschlo­ssen für ein solches Geschäft – ohne jedoch die Firmenname­n in den Mund zu nehmen. „Gestern oder vorgestern haben wir einer Fusion zwischen einem spanischen und einem italienisc­hen Mautstraße­nbetreiber zugestimmt. Dadurch wird der größte Mautstraße­nbetreiber der Welt entstehen – ein echter europäisch­er Champion“, sagte Vestager.

Für Abertis sind es wahrlich bewegte Zeiten. Neben der Bieterschl­acht hat der Konzern auch mit den Unabhängig­keitsbestr­ebungen der katalanisc­hen Regionalre­gierung zu kämpfen. Der Infrastruk­turkonzern kündigte deshalb am Montag an, seinen Sitz von Barcelona nach Madrid zu verlegen.

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FOTO: ABERTIS Mautstatio­n an der AP-7 des spanischen Betreiber Abertis.

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