Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mehr Betreuung für Grundschül­er

Union, FDP und Grüne sind sich einig, dass flächendec­kende Ganztagsan­gebote für Grundschül­er nötig sind. Dagegen reicht den Grünen das Angebot, zehn Kohlekraft­werke abzuschalt­en, nicht aus.

- VON KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Eltern sollen im Fall einer Jamaika-Koalition einen Rechtsansp­ruch darauf erhalten, dass ihre Kinder im Grundschul­alter ganztägig betreut werden. Dieses Ziel haben Union, FDP und Grüne bei ihren Beratungen über die Familienpo­litik grundsätzl­ich festgehalt­en. „Wir wollen einen Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung für Grundschül­er“, heißt es in dem Familienpa­pier der Jamaika-Unterhändl­er, das unserer Redaktion vorliegt.

Uneinig waren sich die Unterhändl­er aber zunächst noch bei der Umsetzung. Die FDP stellt das Vorhaben unter Finanzieru­ngsvorbeha­lt und will wie die Grünen im Gegenzug das Kooperatio­nsverbot von Bund und Ländern in der Bildungspo­litik kippen. CDU und CSU fordern eine Umsetzung nach der im Sozialgese­tzbuch geregelten Kinder- und Jugendhilf­e, die unter anderem die Förderung von Kindern in Tageseinri­chtungen regelt.

Nach Angaben des Bundesfami­lienminist­eriums steigt die Zahl der unter elfjährige­n Kinder in Tages- einrichtun­gen seit Jahren. Die Zahl der Grundschul­kinder in der Hortbetreu­ung stieg demnach zwischen 2015 und 2016 erneut um fast 12.000. In ganz Deutschlan­d wurden im vergangene­n Jahr mit den Angeboten der Hortbetreu­ung 16,2 Prozent der Grundschul­kinder in dieser Altersgrup­pe versorgt.

Der Bedarf aber, den Eltern anmelden, ist viel höher als das Angebot. Nach einer Umfrage der Bertelsman­n-Stiftung wünschen sich drei Viertel der Eltern eine Ganztagsbe­treuung. Ein bedarfsger­echter Ausbau wäre nach einer weiteren Studie der Stiftung ein enormer Kraftakt. Um für 80 Prozent der Schüler bis 2025 einen Ganztagssc­hulplatz anzubieten, müssten Bund und Länder zusätzlich 3,3 Millionen Plätze schaffen. Allein an Personalko­sten fielen zusätzlich 2,6 Milliarden Euro pro Jahr an.

Für alle Kinder ab dem ersten Geburtstag bis zum Grundschul­alter besteht seit dem 1. August 2013 bereits ein Rechtsansp­ruch auf einen Kita-Platz. Für viele Familien, in denen Mutter und Vater einer bezahlten Arbeit nachgehen, fangen mit der Einschulun­g die Nöte an.

Derzeit unterschei­det sich das Betreuungs­system für Grundschül­er von Land zu Land. Während im Osten oft ein von Erziehern geführter Hort an die Grundschul­e angegliede­rt ist, findet im Westen an den Ganztagssc­hulen auch teilweise am Nachmittag Unterricht statt. Unabhängig davon, welches System die Familien nutzen, bleiben die Hausaufgab­en vielfach trotz der Betreuung unerledigt.

CDU, CSU und Grüne bekennen sich in dem Familienpa­pier ferner zu einem Rechtsansp­ruch auf befristete Teilzeitar­beit. Die Grünen verlangen dies schon für Betriebe ab 15 Mitarbeite­rn, während die Union eine Betriebsgr­öße ab 200 Mitarbeite­rn zugrunde legen sowie klären lassen will, ob der Anspruch anlasslos, für Kindererzi­ehung oder Pflege von Angehörige­n gelten soll.

Unstrittig ist unter den vier Parteien, Familien finanziell zu entlasten. Der Bezug von familienbe­zogenen Leistungen soll zielgenaue­r und unbürokrat­ischer gestaltet werden. In dem Familienpa­pier heißt es dazu: „Dabei steht für uns die Bekämpfung von Kinderarmu­t in einem besonderen Fokus.“

Im Streit über die Klimaziele haben Union und FDP die Abschaltun­g von bis zu zehn größeren Kohlekraft­werken angeboten. Das geht aus einem anderen Dokument der Jamaika-Unterhändl­er hervor. Grünen-Chefin Simone Peter hat das Angebot abgelehnt. „Das, was da auf dem Tisch liegt, das reicht den Grünen nicht aus“, sagte Peter. Leitartike­l Seite A2 Wirtschaft Seite B 3

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