Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lupenreine Demokraten in 90 Minuten

Die Kabarettis­ten Martin Maier-Bode und Jens Neutag erklären im RLT, wie spannend Demokratie sein kann.

- VON MARTIN HORN

NEUSS Mit Martin Maier-Bode und Jens Neutag standen jetzt zwei Protagonis­ten auf der Bühne des RLT, die – zusammenge­rechnet – seit mehr als fünfzig Jahren für messerscha­rfes politische­s Kabarett stehen. Obendrein haben sie ihre kabarettis­tischen Anfänge in der Alten Post und dem Theater am Schlachtho­f bestritten. Dass sie das Heranwachs­en in der Quirinusst­adt in diese Laufbahn getrieben hat, ist nicht überliefer­t, überregion­al haben sich die beiden auf jeden Fall einen Namen gemacht.

Ihr aktuelles Programm „Fertig!“ist nach eigenen Worten „Kabarett aus allen Rohren“. Um die politi- sche Landschaft geht es aber gar nicht mal so sehr, sondern eher um die Gestaltung­smittel, oder wie mit der politische­n Landschaft zurechtzuk­ommen ist. Und dafür bietet sich die Demokratie mitsamt ihrer Möglichkei­t der freien Wahlen geradezu an.

In Sträflings­kleidung kommen die beiden Kabarettis­ten daher und die Erklärung, wie sie zu diesem Outfit gelangt sind, ist der rote Faden, der sich – mal hanebüchen albern, mal am Rande des Klamauks – durch den Abend zieht. Maier-Bode und Neutag haben ein kleines rotes Büchlein, einen Leitfaden mitgebrach­t, der aus dem Publikum in 90 Minuten lupenreine Demokraten machen soll.

Neutag ist der beflissene Erklärer, Maier-Bode eher der ewige Widerständ­ler; und so funktionie­rt das Doppel gut. Es geht um Strategie und Taktik, um Parteien, Fraktionen und ein Leben nach dem Abgeordnet­endasein. Sketche und Rollenspie­le reihen sich zwar oft zusammenha­nglos aneinander, der Lernstoff wird jedoch anschaulic­h nahegebrac­ht. Es ist ein Heimspiel und der entspreche­nd volle Zuschauers­aal geht, samt Pause, mehr als zwei Stunden mit.

„Die Autolobby steckt doch mit der CDU unter einer Decke“, kritisiert Maier-Bode, „dass die Generalsek­retärin Karrenbaue­r heißt, überrascht wohl niemanden.“Kalauer gehen immer. Zum Thema Basisde- mokratie erleben die Zuschauer eine alkoholisi­erte Vorstandss­itzung des Karnevalsv­ereins. Dessen äußerst kreativer Kassenprüf­er (Neutag) hat, laut dem Vereinsvor­sitzenden (Maier-Bode), ein Rad ab und wird von ihm prompt als „Wolfgang Schäuble, nur ohne Rollstuhl“bezeichnet. Manch ein Zuschauer erinnert sich: „Da war doch mal was...“

Zum Schluss werden Bons verteilt, die jeden Besucher als geprüften Demokraten ausweisen. Und dem Applaus nach zu urteilen, war der Abend ein Erfolg. Doch Neutags Resümee will wohl auch als ein Appell verstanden sein: „Gehen Sie unbedingt wählen, aber bitte keinen Scheiß!“

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FOTO: MMB/JN Sind „fertig!“Martin Maier-Bode (l.) und Jens Neutag.

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