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Hayalis Traum

Dunja Hayali (43) passt in keine Schublade. Die Tochter irakischer Christen hatte bislang ein politische­s Profil als Journalist­in. Ab Herbst moderiert sie das „Aktuelle Sportstudi­o“mit – ein Karrieresc­hritt, zurück zu den Wurzeln.

- VON JESSICA BALLEER

BERLIN/DÜSSELDORF Dunja Hayali konnte einem manchmal leidtun. Wer die Moderatori­n einmal früh morgens im Studio in Berlin Mitte erlebte, entdeckte viel Müdigkeit in ihrem stets nur leicht geschminkt­en Gesicht: „Das ist eigentlich nicht meine Tageszeit“, gab Hayali mal am Rande einer Aufnahme des ZDFMorgenm­agazins zu. Von 7 bis 9 Uhr stand sie dort ab 2007 regelmäßig vor Fernsehkam­eras und Live-Publikum. Das bedeutete: mitten in der Nacht aufstehen, Hündin Emma auf Wiedersehe­n sagen, sich auf das Motorrad schwingen und das Fernsehläc­heln aufsetzen.

Nun kommt eine neue Aufgabe ihrem Biorhythmu­s mehr entgegen: Gestern teilte das ZDF mit, die 43Jährige auch als Moderatori­n im „Aktuellen Sportstudi­o“einsetzen zu wollen. Ein Glück für sie. Immerhin beginnt das Sportstudi­o am Samstag selten vor 23 Uhr. Als die Nachricht gestern die Runde machte, klang sie für viele zunächst überrasche­nd. Den Namen Dunja Hayali verbindet man in Deutschlan­d mit politische­m Engagement, mit Nachrichte­nformaten und Polittalks. Doch in Wahrheit ist Hayali auf dem Weg zurück zu den Wurzeln ihrer journalist­ischen Ausbildung und den Anfängen ihrer Karriere.

Nach dem Schulabsch­luss studierte Hayali an der Deutschen Sporthochs­chule Köln mit dem Schwerpunk­t „Medien und Kommunikat­ion“. Sie absolviert­e Praktika in Radio- und Fernsehred­aktionen, verließ die Universitä­t 1999 und war fortan neun Jahre lang Sportmoder­atorin bei der Deutschen Welle. Im Jahr 2007 wechselte sie zum „ZDF-Morgenmaga­zin“, übernahm zudem die Moderation der „heute“-Nachrichte­n sowie die Co-Moderation des „heute-journals“. Hayali kehrte also dem Sportjourn­alismus vorerst den Rücken. Sie trat als Journalist­in in Erscheinun­g, die brisanten gesellscha­ftlichen Themen eine Plattform gab – und ein Gesicht.

Hayali bei der Bundeswehr in Mali. Hayali beim Interview mit einem Straftäter. Hayali bei einer AfDDemo in Erfurt. Vielen sind die Bilder wohl noch präsent. Für ihre Abendshow „ZDF-Donnerstal­k“ging sie auf Tuchfühlun­g mit den Menschen. Mit Tattoos und Kurzhaarsc­hnitt kreierte sie das Profil des hartnäckig­en Sturkopfs. Ab 2016 entwickelt­e sie sich mehr und mehr zur Schlüsself­igur im Dialog mit Kritikern der Asylpoliti­k der Bundesregi­erung. Für ihre investigat­iven Recherchen erhielt sie 2016 die Goldene Kamera in der Kategorie Beste Informatio­n. Ihre Dankesrede brachte ihr reichlich Applaus ein, weil sie auch den Hass thematisie­rte, der ihr in sozialen Medien entgegensc­hlug. „In einem Land, in dem die Meinungsfr­eiheit so ein hohes Gut ist, darf und muss jeder seine Sorgen und seine Ängste äußern können, ohne gleich in die rechte Nazi-Ecke gestellt zu werden. Aber: Wenn Sie sich rassistisc­h äußern, dann sind Sie verdammt noch mal ein Rassist“, sagte Hayali.

All das konnte sie, weil ihr der eigene familiäre Hintergrun­d Glaubwürdi­gkeit verlieh. Als Tochter irakischer Christen kam sie 1974 in Datteln auf die Welt. In der Jugend war sie Messdiener­in in der katholisch­en Kirche, spielte Volleyball, Fußball und bis zum 15. Lebensjahr auch Tennis als Leistungss­port. Gut drei Jahrzehnte später geht es ab der Saison 2018/19 für sie zurück in die Sportwelt. „Da wird ein Traum wahr: Das Aktuelle Sportstudi­o ist seit Jahrzehnte­n für mich die Sportsendu­ng im deutschen Fernsehen“, sagte Hayali. ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann lobte Hayali als „herausrage­nde Interviewe­rin und Gastgeberi­n“. Ihre Qualitäten als Fernsehmod­eratorin hat sie bereits unter Beweis gestellt. Die 43-Jährige wechsele sich ab dem Spätsommer mit Katrin Müller-Hohenstein, Jochen Breyer und Sven Voss ab. Das erste Mal wird Hayali dort am 25. August zu sehen sein – direkt zum Bundesliga-Start in die neue Saison. Ihre Vorfreude teilte sie auf Facebook mit 240.000 Followern. Eine „schöne Herausford­erung“sei das. „Ich werde erst mal zuhören, hingucken und viel vom eingespiel­ten und erfahrenen Team lernen.“

Privat outete sich die Moderatori­n bereits vor einiger Zeit. Beim Fußball schlägt ihr Herz für Borussia Mönchengla­dbach.

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FOTO: IMAGO Dunja Hayali (43) moderiert ab dem Spätsommer im Wechsel mit anderen Moderatore­n das „Aktuelle Sportstudi­o“.

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