Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Erdogan baut Istanbul um
Der türkische Präsident legt den Grundstein für ein neues Kulturzentrum in Istanbul. Regierungsgegner fürchten einen Angriff auf die säkulare Republik.
ISTANBUL Eine Attraktion von Weltrang soll es werden: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat am Sonntag den Grundstein für ein neues Kulturzentrum in Istanbul gelegt. Für 150 Millionen Euro soll am zentralen Taksim-platz der Metropole bis Ende des kommenden Jahres ein Komplex aus Opernhaus, Theatern, Kinos, Ausstellungsräumen und Restaurants entstehen. Blickfang ist der Hauptsaal für mehr als 2000 Zuschauer, der in einer roten Halbkugel im verglasten Foyer des Gebäudes untergebracht werden soll. Mit dem Kulturzentrum kommt Erdogan seiner Vision für einen Umbau der Istanbuler Innenstadt ein gutes Stück näher.
Der Neubau ist politisch hoch brisant. Dort, wo er errichtet wird, stand bis zum vergangenen Jahr das 1969 errichtete „Atatürk-kulturzentrum“, ein Symbol der kulturellen Westausrichtung der türkischen Republik. Erdogan ließ den Bau ab- reißen – gegen den Widerstand von Gegnern, die ihm einen Angriff auf die westliche Kultur vorwarfen. Der Präsident entgegnete am Sonntag, die Ablehnung des Projekts sei rein destruktiv gewesen und von Kräften gekommen, die jegliche Neuerung verhindern wollten.
Um der Kritik zu begegnen, beauftragte Erdogan den Architekten Murat Tabanlioglu, den Sohn des Erbauers des ersten „Atatürk-kulturzentrums“, mit der Neuerrichtung. Auch der Name des Gebäudes und damit das Bekenntnis zum Staatsgründer und Säkularisten Mustafa Kemal Atatürk bleibt erhalten. Zudem verspricht Erdogan den Türken einen modernen Kulturtempel, der sich international nicht verstecken muss. So sollen Opern- und Ballettaufführungen live auf die Glasfassade des Gebäudes projiziert und so nach draußen auf den Taksim-platz übertragen werden.
Für Erdogan war die Grundsteinlegung ein persönlicher Triumph. Während der Gezi-proteste des Jahres 2013, die vom Gezi-park am Rande des Taksim-platzes ausgegangen waren, besetzten regierungsfeindliche Demonst- ranten das damals bereits leer stehende Kulturzentrum. Er habe sich niemals diesen „Vandalen“gebeugt, sagte Erdogan am Sonntag. Die Demonstranten nannte er „Straßen-terroristen“. Erdogan gab deshalb zu, dass es für ihn bei der Feierstunde nicht einfach um ein neues Opernhaus ging. Der Präsident will seiner Heimaststadt Istanbul seinen Stempel aufdrücken. Auf einem Hügel über dem asiatischen Ufer des Bosporus hat der islamisch-konservative Politiker als eine Art Denkmal seines Sieges über die säkuläre Opposition bereits eine riesige Moschee bauen lassen.
Auch am Taksim-platz ist eine