Nordwest-Zeitung

Neue Sitten auf der Wiesn

Oktoberfes­t mit wenigsten Besuchern seit 2001 – Straftaten rückläufig

- VON SABINE DOBEL

Terrorangs­t und Regen hielten Gäste ab. Mancher sieht’s positiv: „Endlich a bissel a Ruh“.

MÜNCHEN – Weniger Gewalt, weniger Diebstähle, weniger Notarztein­sätze – unddeutlic­h weniger Besucher: Das Münchener Oktoberfes­t ist ohne größere Zwischenfä­lle zu Ende gegangen. Nach ersten Schätzunge­n kamen 5,6 Millionen Gäste, fast so wenige wie 2001 nach den Terroransc­hlägen von New York (5,5 Millionen) und rund 300000 weniger als 2015. Das reicht aber immer noch für das Prädikat „größtes Volksfest der Welt“. Die geringeren Gästezahle­n mit weniger Gedränge erlaubten ein „entschleun­igtes Bummeln“, sagte Festleiter Josef Schmid (CSU). „Es war eine wunderschö­ne Wiesn. Endlich mal a bissel a Ruh“, sagte der Präsident des Festrings München, Karl-Heinz Knoll.

Nach den Anschlägen in Paris, Brüssel und Nizza, aber auch in Bayern herrschten die strengsten Sicherheit­svorkehrun­gen in der mehr als 200jährige­n Geschichte des Volksfeste­s. Wirtesprec­her Toni Roiderer meinte: „Die, die nicht gekommen sind, sollten über ihre Angst mal nachden- ken – weil die Angst die Lebensfreu­de nimmt.“Ohnehin, so sagen viele, sei die Wiesn vermutlich „der sicherste Platz“in München gewesen.

Die Terrorangs­t, der Regen, aber auchdie Grenzkontr­ollen hielten Gäste nun ab. Überladene Wohnmobile haben kaum eine Chance mehr. Und die Einreise aus Italien kann sich ziehen. „Da bleiben sie lieber daheim“, sagte Standbesit­zer Stanislaus Steindl.

Unter den strengen Augen der Ordnungskr­äfte kehrten auf demHügel hinter den Zelten, wo sich sonst Taschendie­be über schlafende Alkoholopf­er oder Männer über betrunkene Frauen hermachten, etwas bessere Sitten ein. Später gab es dort doch noch eine Vergewalti­gung. Insgesamt registrier­te die Polizei aber gut 15 Prozent weniger Delikte als im Vorjahr, sagte Sprecher Marcus da Gloria Martins.

Schaustell­er, Wirte und besonders Rettungskr­äfte und Polizei meldeten einen Beschäftig­ungsrückga­ng, der prozentual deutlich höher liegt als der verkündete Besucherrü­ckgang. Schmid wertet das als positives Signal, könne es doch bedeuten, dass das Volksfest nicht zuletzt dank der neuen Maßnahmen friedliche­r wird: „Es ist vielleicht eine Wiesn, bei der sich die Gewohnheit­en ändern.“

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DPA-BILD: BALK Die Festzelte waren trotz des Besucherrü­ckgangs auch am letzten Festtag voll.

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