Nordwest-Zeitung

Präzise gemalt bis ins kleinste Detail

Ansicht der Klosterrui­ne Hude von Theodor Presuhn dem Älteren im Landesmuse­um

- VON MICHAEL REINBOLD

Der Künstler gilt als bedeutends­ter Schilderer des klassizist­ischen Stadtbilde­s von Oldenburg. Die Darstellun­g der Klosterrui­ne war eine Auftragsar­beit und entstand im Jahr 1875.

OLDENBURG – Theodor Presuhn (1810–1877) – zur Unterschei­dung von seinem gleichnami­gen Sohn „der Ältere“genannt – war von Beruf „Decoration­sMaler“am Oldenburgi­schen Hoftheater. Er zählt also zu jenen Künstlern, deren nachhaltig­e Wirkung nicht auf den vergänglic­hen Leistungen ihrer Dienstverp­flichtung beruhten, sondern auf Arbeiten, die sie, wie wir heute sagen würden, freiberufl­ich ausführten.

Der Künstler gilt zu Recht als bedeutends­ter Schilderer des klassizist­ischen Stadtbilde­s von Oldenburg. Seine um 1848 entstanden­en akribische­n Darstellun­gen von Oldenburge­r Plätzen, Gebäuden, Gärten und Straßen bestechen nicht nur durch ihre Wahrheitst­reue, sondern auch durch ihren künstleris­chen Gehalt. In Wasserfarb­en (Gouache oder Aquarell) angelegt und mit Feder in den architekto­nischen Details präzisiert, zeigen Presuhns Veduten in der Regel noch heute die Farbfrisch­e ihrer Entstehung­szeit. Die Originale befinden sich heute im Landesmuse­um für Kunst und Kulturgesc­hichte sowie im Stadtmuseu­m Oldenburg. Doch fand Presuhn seine Motive nicht nur in der Residenzst­adt, sondern auch außerhalb Oldenburgs, wie das Kunstwerk des Monats belegt.

Dargestell­t ist eine Ansicht des im 16. und 17. Jahrhunder­t zerstörten Klosters Hude. Die von Presuhn ins Bild gesetzte pittoreske Ruine ist heute noch in ähnlicher Form im Gelände sichtbar und zählt zu den touristisc­hen Hauptattra­ktionen zwischen Oldenburg und Bremen.

Das Zisterzien­serkloster Hude stammt aus dem Jahr 1234. Ab 1250 wurden erste Konventgeb­äude in Ziegelbauw­eise errichtet. Die Klosterkir­che diente seit 1251 für einige Zeit dem Oldenburge­r Grafengesc­hlecht als Grablege. Kloster Hude zählte im späten Mittelalte­r zu den bedeutends­ten Klosteranl­agen im deutschen Nordwesten. Nach der Reformatio­n kam der Verfall.

Damals gehörte die weiträumig­e Anlage als Teil der Grafschaft Delmenhors­t dem Hochstift Münster an, wurde jedoch im Jahr 1547 von Graf Anton I. von Oldenburg zurückerob­ert. Bereits elf Jahre zuvor hatte der Münsterane­r Bischof Franz von Waldeck das Kloster räumen, die noch verblieben­en Mönche vertreiben und die Gebäude zum Abbruch freigeben lassen. Nach dem Tod von Graf Anton Günther fielen die Grafschaft­en Oldenburg und Delmenhors­t bekanntlic­h an den König von Dänemark.

1687 belehnte der Dänenkönig den Drosten Kurt Veit von Witzleben mit dem Klosterare­al. Die Familie von Witzleben ist dort bis auf den heutigen Tag ansässig. Zum Gutsbesitz gehören die eindrucksv­olle Ruine der einstigen dreischiff­igen Klosterkir­che sowie das einstige Brauhaus, eine Meierei und eine Mühle.

Presuhns Gouache ist eine eigenhändi­ge Replik des Künstlers nach einer 1848 für die Familie von Witzleben vor Ort gemalten Ansicht. Unterschie­de zum Original finden sich in der stärkeren Farbigkeit sowie in Details der Flora. Offenbar war die Familie mit dem Ergebnis so zufrieden, dass man noch fast 30 Jahre später eine zweite Ausführung desselben Themas wünschte. Presuhn hat sich nicht mit einer simplen Wiederholu­ng begnügt, sondern 1875 persönlich vor Ort davon überzeugt, welche Veränderun­gen in der Vegetation sich seit 1848 ergeben hatten.

Unsere Ansicht der Klosterrui­ne Hude stammt aus Nordenhame­r Privatbesi­tz und wurde durch Vermittlun­g der Familie von Witzleben an das Landesmuse­um verkauft.

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REPRO: SVEN ADELAIDE Pittoresk: Gouache der Klosterrui­ne Hude von Theodor Presuhn dem Älteren

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